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Sport: Mit Ausstrahlung

Stefan Lindemann patzt und wird trotzdem Meister

Oberstdorf - Das erste, kurze rhythmische Klatschen ertönte schon, als Stefan Lindemann sich bloß warm lief. Sechs Minuten später klatschten die Zuschauer in der Oberstdorfer Eishalle erneut rhythmisch, aber diesmal länger und intensiver. Denn nun hatte Stefan Lindemann seine Kür beendet, er war gerade mit 215,18 Punkten Deutscher Eiskunstlauf-Meister geworden. Auf Platz zwei kam der Oberstdorfer Silvio Smalun (193,22). Freilich, euphorisch war der Jubel bei Lindemann nicht. Dazu war der Auftritt des WM-Dritten von Dortmund doch zu glanzlos geblieben. Lindemann hatte ungewohnte Schwächen gezeigt. Den vierfachen Toe-Loop konnte er nicht stehen, auch beim dreifachen Salchow fiel der Titelverteidiger. Zuvor hatte er den Salchow nur zweifach gesprungen. Auch den Axel sprang er zuerst nur zweifach, beim zweiten Versuch glückte er ihm dann dreifach. Auf eine Kombination verzichtete er allerdings.

Lindemann war gleichwohl nicht frustriert. „Es ist schade wegen des vierfachen Toe-Loops. Eigentlich hatte ich ihn schon gestanden. Auch der Sturz beim dreifachen Salchow war unnötig. Aber unterm Strich bin ich mit meiner Leistung zufrieden.“ Überzeugen konnte der 24 Jahre alte Erfurter im künstlerischen Bereich. Er lief flüssig, und er hatte Ausstrahlung. Früher war das Lindemanns Schwäche gewesen, er verließ sich vor allem auf seine enorme Sprungkraft.

Lindemann fährt auf jeden Fall optimistisch zu den Europameisterschaften in Turin, die in zwei Wochen stattfinden. „In Turin bin ich gewiss nicht der Favorit auf Gold, aber einer, der um die Medaillen läuft. Dort bin ich auch viel entspannter als hier“, sagte er. Grund zu Nervosität musste er auch in Oberstdorf nicht haben. Er war schon vor den Titelkämpfen für die EM nominiert, unabhängig von seinem Abschneiden in Oberstdorf.

Dieser Auftritt gestern war wohl eher ein Ausrutscher. Denn zuletzt war Lindemann in guter Form. Beim Grand-Prix in Peking hatte der Erfurter den ausgezeichneten dritten Platz belegt. Anschließend gewann er zwei kleinere Wettbewerbe, in Bratislava und in Gelsenkirchen. Für die Preisrichter ist er jetzt eine gewisse Größe, das war er vor Dortmund nicht.

Und für Reinhard Mirmseker, den Präsidenten der Deutschen Eislauf-Union (DEU), gehört Lindemann neben den Paarläufern Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy bei der EM zu den wichtigsten Athleten seines Verbands. „Er hat sich deutlich weiterentwickelt. Im Läuferischen hat er enorme Fortschritte gemacht. Genau in diesem Bereich ist er in der Vergangenheit oft kritisiert worden.“ DEU-Sportdirektor Udo Dönsdorf sieht die Zielsetzung ohnehin wie Lindemann selber: „In den Medaillenbereich sollte er schon kommen.“

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