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Ball her, du bist umzingelt. Bayern-Spieler beim Versuch, Albas Wood zu stören. Foto: Engler

© Fotoagentur-Engler

Sport: Mit dem Klapprad überrollt

Alba besiegt den FC Bayern klar – auf Münchens Trainer Pesic wartet viel Arbeit.

Berlin - Auch in den letzten Spielsekunden ruderte Svetislav Pesic noch mit den Armen, bei Robin Benzings Wurf mit der Schlusssirene ging der 63-Jährige in die Knie, als wolle er höchstpersönlich mit dem Ball in den Korb springen. Selbst eine solche Wundertat, die Pesic aufgrund seiner unzähligen Erfolge als Basketballtrainer fast schon zuzutrauen wäre, hätte seiner Mannschaft allerdings nichts mehr gebracht. In seinem ersten Spiel als Trainer des FC Bayern half auch die bewährte engagierte Art des Altmeister nichts, Alba Berlin besiegte seinen Übervater deutlich und definitiv mit 82:70 (41:28). „Alba ist eine sehr gut eingespielte Mannschaft“, begründete Pesic die Niederlage. „Aber auch bei uns wird diese Zeit kommen, da bin ich mir hundertprozentig sicher.“

Als eine seiner ersten Amtshandlungen hatte Pesic den zuvor aus disziplinarischen Gründen suspendierten Jared Homan begnadigt, der vom Münchner Nachtleben gestählte Center kehrte auf Seiten der Bayern in die Startformation zurück. Auch sonst war die Handschrift des neuen Trainers bei den Gästen deutlich zu sehen: Pesic ließ klassischen Pesic-Basketball spielen: mit aggressiver Verteidigung und schnellem Umschalten auf Angriff. Bis zum Zwischenstand von 17:14 nach dem ersten Viertel hielt der Tabellenneunte mit den Gastgebern mit, dann setzte sich Alba ab. Nachdem Yassin Idbihi, mit 20 Punkten bester Werfer des Spiels, zum 31:17 getroffen hatte, mussten sich die Münchner bereits Spott gefallen lassen. „Für Europa seid ihr viel zu schlecht“, erklang es aus dem Alba-Fanblock – und das sogar mit einer gewissen Berechtigung. Während die Berliner gerade die Euroleague-Zwischenrunde erreicht haben, hatte sich der FC Bayern vor der Saison entschieden, nicht in der drittklassigen Eurochallenge anzutreten, um sich ganz auf die Bundesliga konzentrieren zu können. Der am Dienstag verpflichtete Pesic hätte anders entschieden, gestern hatte er angesichts des deutlichen Rückstands seine Hände zwischenzeitlich tief in den Hosentaschen vergraben.

Vor dem Spiel hatte Pesic noch eine amerikanische Basketball-Weisheit zum Besten gegeben: „Wenn ein Spieler schon drei, vier Autos in der Garage hat, geht er nicht mehr zum Offensivrebound.“ Demnach muss Albas Trainer Sasa Obradovic seine Profis in den vergangenen Tagen wohl per Klapprad und ohne Handschuhe durch das Berliner Horror-Wetter getrieben haben. Die Berliner kämpften jedenfalls unter den Körben, als ginge es um ihre schicken silbernen Dienstwagen, bis zur Pause schnappte sich Alba elf Offensivrebounds, sieben mehr als die Münchner. Und zum Start der zweiten Hälfte benötigten die Berliner keine 100 Sekunden, um die Partie mit einem 9:0-Lauf zu entscheiden. Die Münchner erwachten erst, als sie bereits mit 22 Punkten zurücklagen und geschlagen waren. Pesics Hände tanzten jetzt wieder durch die Luft, seine „Come on“-Rufe waren trotz des Lärms der 12 110 Zuschauer in der nicht ausverkauften Arena am Ostbahnhof deutlich zu hören, näher als auf zwölf Punkte kurz vor Schluss kam sein Team aber nicht mehr heran. „Ihr seid nur ein Mittelklasseteam“, sangen die Berliner Fans im letzten Viertel, als Jared Homan zu einem mächtigen Dunking hochging, der der Jubelstimmung in der Arena sicher abträglich gewesen wäre. Allerdings sprang Albas Center Albert Miralles noch ein paar Zentimeter höher als der Münchner und blockte dessen Wurfversuch, die Party konnte weitergehen.

Trotz des deutlichen Ergebnisses warnte Idbihi, die Münchner abzuschreiben: „Am Ende der Saison werden sie viel stärker sein, ein absoluter Titelkandidat.“ Mit Mittelklasse hat sich Svetislav Pesic nämlich noch nie zufrieden gegeben.

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