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Sport: Mit Demut durchsetzen

Italien hofft trotz des Fußballskandals auf den Zuschlag für die EM 2012

Verhaltensregeln hat Giancarlo Abete, der Präsident des Italienischen Fußballbundes (Figc), seiner Delegation für den Auftritt vor dem Exekutivkomitee der Uefa eingebleut. „Wir sind ein Land mit herausragender Fußballtradition. Aber wir dürfen nicht glauben, dass wir die EM 2012 allein deswegen kriegen“, sagte Abete. „Wir müssen demütig auftreten.“ Am Dienstag stellten die Italiener in Cardiff – wie auch die Mitbewerber Polen/Ukraine und Ungarn/Kroatien – ihr Projekt für die Europameisterschaft noch einmal vor. Am Mittwoch fällt die Entscheidung, wer die EM ausrichten wird (11.30 Uhr, live bei Eurosport). Gestern einigte sich das Exekutivkomitee bereits darauf, dass es bei dem Turnier in fünf Jahren keine Aufstockung auf 24 Teilnehmer geben wird. Es wird wie bisher mit 16 Teams gespielt werden.

Die Italiener hoffen auf den Zuschlag, obwohl das Ansehen ihres Fußballs stark gelitten hat. Im Mai 2006 flogen die umfangreichen Schiebungen auf, mit denen Juventus Turin und andere Klubs die Saison 2004/05 manipuliert haben. Gerade erst hat die Staatsanwaltschaft Neapel neue Beschuldigungen in diesem Zusammenhang vorgelegt. Wieder steht Juventus im Mittelpunkt, aber es haben sich offenbar 15 weitere Partien als manipuliert herausgestellt. Einigen Schiedsrichtern werfen die Staatsanwälte die Bildung einer kriminellen Vereinigung vor.

Die Strafen wurden von Instanz zu Instanz immer weiter abgeschwächt. Am Ende musste nur Juventus wirklich büßen: mit dem Abstieg in die Serie B. Zuletzt haben auch noch randalierende Tifosi Italiens Fußball in die Krise gestürzt: Anfang Februar, nach dem Tod eines Polizisten bei den Krawallen von Catania, wurden alle Stadien für Fans gesperrt. Erst jetzt, nach der Anpassung an seit zwei Jahren gültige Sicherheitsvorschriften, wurden sie wieder geöffnet. Zehn Monate lang stand der Figc unter kommissarischer Zwangsverwaltung durch das Nationale Olympische Komitee. Erst vor zwei Wochen durfte er wieder einen eigenen Präsidenten wählen – und entschied sich für einen Mann, der schon zu Skandalzeiten eine Führungsposition bekleidete: Giancarlo Abete eben, den langjährigen Vizechef des Figc. Das Publikum hat auf das Chaos reagiert: Erstmals strömten 2006 mehr Menschen in die italienischen Museen als in die Stadien.

Manches ist besser gelaufen: Das Parlament hat am letztmöglichen Tag das verschärfte Gesetz gegen randalierende Tifosi verabschiedet. Zudem will die Regierung für die EM 2012 bis zu einer Milliarde Euro in Sportstätten stecken. In Turin, Neapel und Palermo sollen neue Stadien entstehen; die Arenen in Rom, Mailand, Bari, Florenz und Udine werden ausgebaut. Italien empfiehlt sich insbesondere mit der reibungslosen Organisation der Olympischen Winterspiele 2006 in Turin. Figc-Präsident Abete verweist zudem darauf, dass die Infrastruktur für den Transport von Zuschauermassen besser geeignet sei als jene Polens, der Ukraine oder Ungarns. Italiens Delegation in Cardiff gehört auch Marcello Lippi an, der Trainer, der Italien mitten im Fußballskandal zum Weltmeistertitel geführt hat. Ein Symbol für Durchsetzungsfähigkeit unter widrigsten Umständen.

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