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Sport: Mit Geistern, ohne Bruder

Ralf Schumacher glaubt an ein erfolgreiches Jahr

Köln - Taiko-Trommler untermalten die Zeremonie, während sich der Vorhang rund um den neuen Toyota hob. Durch die Trommler, die 1400 Jahre alte japanische Traditionen beschworen, sollte bei der Präsentation des neuen Formel-1-Modells F107 in einem Kölner Veranstaltungszentrum die eigene – deutlich kürzere – Tradition ein wenig angereichert werden. Seit fünf Jahren ist der Rennstall in der Formel 1 vertreten. Das ist keine besonders lange Zeit, aber lang genug, um beim Warten auf den ersten Sieg langsam ungeduldig zu werden.

In der japanischen Mythologie symbolisieren die Trommler die Erweckung von Geistern. Positive hoffentlich, aus der Sicht der Japaner, damit sich Projektchef Tsutomu Tomita nicht nächstes Jahr noch einmal in bester japanischer Tradition bei den Fans weltweit für die „schlechte vergangene Saison“ entschuldigen muss.

Für Ralf Schumacher, der in dieser Saison nach dem Rücktritt seines Bruders Michael mehr denn je im Fokus der Öffentlichkeit stehen wird, bestehen im Moment kaum Zweifel daran, dass die Trommler von einer erfolgreichen Zukunft künden. „Ich bin optimistisch“, sagte der 31-Jährige. „Ein Faktor, der für uns spricht, ist, dass wir in diesem Jahr das einzige Team sind, das in allen Bereichen Kontinuität vorweisen kann – von den Fahrern bis zum Reifenhersteller. Außerdem hat das Team wieder ein Jahr an Erfahrung hinzugewonnen, also müssten wir noch stärker sein.“ Die ersten Eindrücke beim kurzen Test am Dienstag in Le Castellet in Frankreich waren sehr positiv. „Ich habe mich auf Anhieb in dem Auto sehr wohl gefühlt, fand es wirklich gut“, sagte Schumacher. „Und das ist mir in meiner ganzen Formel-1-Karriere überhaupt erst zweimal passiert.“

Allerdings wird Ralf Schumacher auch eine Erfahrung zum ersten Mal machen. Nach elf Jahren, die er in der Formel 1 gemeinsam mit seinem Bruder verbrachte, ist er jetzt solo unterwegs. „Ich werde aus persönlicher Sicht Michael vermissen, denn im Gegensatz zu dem, was uns viele immer unterstellt haben, haben wir uns abseits der Strecke schon auch an den Rennwochenenden mal privat getroffen“, sagte Schumacher. „Und an der Strecke wird es sicher auch erst mal ein komisches Gefühl sein, wenn ich auf den Monitor schaue und diese drei Buchstaben da fehlen.“ Auf seine Aufgabe, seinen Job, seine Ziele habe Michaels Rücktritt aber keinen Einfluss: „Da muss man sich sowieso ganz auf sich selbst, auf seine eigene Aufgabe konzentrieren, unabhängig davon, wer die Gegner sind.“ Und auch wenn es rein sportlich natürlich „schade“ sei, dass Michael aufgehört hat, in einem Punkt spricht Ralf das aus, was jeder Formel-1-Fahrer denkt, ob er es nun zugibt oder nicht: „Damit ist da ein ganz Schneller weniger, den man schlagen muss.“

Sein erklärtes Ziel in diesem Jahr ist es, jenen ersten, so lange herbeigesehnten Sieg für Toyota zu holen, „von WM-Titeln reden wir erst mal nicht, immer mit der Ruhe“. Sein Dreijahresvertrag mit Toyota läuft allerdings Ende der Saison aus. „Wir haben ja noch zwei Jahre Option auf Ralf – und irgendwann wird man sich zusammensetzen“, sagt sein Chef John Howett. Auf Fragen nach eigenen Rücktrittsgedanken jedenfalls reagiert Schumacher verblüfft bis amüsiert: „Fragt mich das in sechs Jahren noch mal.“

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