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Sport: Mit Leidenschaft an die Spitze

Von Christoph Daum Für einige Favoriten hat die WM gar nicht gut begonnen. Dagegen überraschte so mancher Außenseiter.

Von Christoph Daum

Für einige Favoriten hat die WM gar nicht gut begonnen. Dagegen überraschte so mancher Außenseiter. Zu hören sind die üblichen Erklärungen: Der Favorit war überheblich, nicht richtig fit, hat falsch taktiert, stand unter Erwartungsdruck, musste ohne verletzte Schlüsselspieler antreten, hatte Pech. Das alles mag zwar auch eine Rolle spielen. Wer aber tiefer blickt, kommt zu noch einem anderen Schluss: Es gebietet nicht nur die sportliche Fairness, die Leistung erfolgreicher Außenseiter auch einmal anzuerkennen.

Die Leistungsunterschiede der Mannschaften, die an einer Weltmeisterschaft teilnehmen, sind geringer geworden, von Ausnahmen wie Saudi-Arabien einmal abgesehen. Fußball ist im Wortsinn internationaler geworden, wichtige Informationen sind austauschbar. Die Spieler bringen Erfahrungen aus anderen Ligen mit, die Trainer haben einen vergleichbaren Wissensstand. Jede Nation verfügt über die neuesten Erkenntnisse der Trainingslehre, das konditionelle Niveau ist gleich hoch, Systeme und Stile sind allen geläufig, die Spieler werden medizinisch und organisatorisch überall gut betreut.

Es bleibt die entscheidende Frage: Was bewirkt, dass eine Mannschaft ihr Leistungsvermögen ausschöpft, vielleicht sogar übertrifft – oder eben darunter bleibt?

Ich meine, dass der psychologische Anteil am Fußball oft unterschätzt wird. Ein Spiel findet vor allem zwischen den Ohren statt. Für mich sind emotionale Faktoren wie Begeisterung, Durchsetzungswillen und Spielfreude, Hingabe und Disziplin, Mut und Entschlusskraft, auch die Identifikation eines Spielers mit seiner Mannschaft viel wichtiger als ein quasi wissenschaftlicher Plan für das nächste Spiel. Je gleichwertiger das taktische Vermögen der Mannschaften ist, desto mehr kommt es auf die Leidenschaft jedes einzelnen Spielers an.

Die vermeintlich kleinen Mannschaften, die Außenseiter, sind hungrig, wollen Erfolg und Anerkennung. Sie erstarren nicht in Ehrfurcht vor großen n, und wichtiger noch: Sie begeben sich nicht in eine Erklärungswelt, aus der leicht eine Verklärungswelt wird. Sie wollen gewinnen und spielen mit Herz - bei der WM für ihr Land.

Die etablierten Fußballnationen können sich da noch viel absehen. Wenn ein gut ausgebildetes, gut austrainiertes, gut eingestelltes Team in sich die Begeisterung weckt, dann ist wieder alles möglich.

Der Fußballlehrer Christoph Daum analysiert an dieser Stelle täglich die WM.

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