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Alleingelassen. Im Weihnachtsurlaub musste Mirko Slomka noch um seinen Job bangen, während in der Heimat schon das Profil für seinen Nachfolger durchsickerte. Foto: dpa

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Sport: Mitleid bis nach Abu Dhabi

Hannover 96 entlässt Mirko Slomka und erntet Kritik für die undankbare Demontage des Trainers.

Von Christian Otto

Hannover - Die vielen Gespräche und vereinsinternen Analysen konnten ihn nicht mehr retten. Dass Mirko Slomka seinen Job als Cheftrainer von Hannover 96 einbüßt, war nur noch eine Frage der Zeit. Aus der Demontage, der Stück für Stück entzogenen Rückendeckung und dem Bangen um den Job über die Weihnachtstage, wurde am Ende eine Demütigung. „Mein persönlicher Dank gilt Mirko Slomka“ – mit diesen Worten und so manch blumiger Ergänzung vollzog Präsident Martin Kind dann am Freitag die erwartete Trennung. Über die Höhe der Abfindung, die siebenstellig ausfallen dürfte, war schon seit Tagen diskutiert worden. Bundesweit hatte das Warten begonnen, wann und wie der 46-Jährige von seinem Arbeitgeber abserviert wird.

„Das ist natürlich eine unangenehme Situation. Das Gespräch verlief aber sachlich und professionell“, sagte 96-Sportdirektor Dirk Dufner, der einen Nachfolger suchen soll. „Idealerweise geschieht das schon vor unserem Trainingsstart am 5. Januar.“ Spekulationen über angebliche Kandidaten wie Frank Kramer, der vertraglich an Zweitligist Fürth gebunden ist, wollte er nicht kommentieren. Der ebenfalls gehandelte André Breitenreiter aus Paderborn wiegelte bereits öffentlich ab.

Für Slomka jedenfalls und seine Spieler, denen in den vergangenen elf Bundesliga-Partien lediglich ein einziger Sieg gelungen war, endet ein unangenehmes Rätselraten über die Feiertage. Die 96-Profis, in dieser Saison auswärts ohne jeden Punktgewinn, konnten oder wollten zuletzt nur noch wenig bis gar nichts zum Arbeitsplatzerhalt von Slomka beitragen. Während Kind und Dufner in mehreren Gesprächsrunden untereinander sowie mit Aufsichtsratsmitgliedern und Gesellschaftern über die Zukunft von Slomka berieten, war bereits herbe Kritik an ihrem Vorgehen aufgekommen. Die jüngste Öffentlichkeitsarbeit von Hannover 96 sorgt für großes Kopfschütteln. Dass bundesweit schon über mögliche Nachfolger diskutiert worden war und die Vereinsführung sogar Einblicke in deren Anforderungsprofil gewährte, während Slomka noch gar nicht offiziell entlassen war, hinterlässt einen bitteren Beigeschmack. Der harte Kern der 96-Fans, der bisher über Slomkas Erfolglosigkeit maulte, grollt nun über dessen undankbare Demission. Während sich der Trainer noch bis nächste Woche in den Vereinigten Arabischen Emiraten vom Trubel in der Heimat zu erholen versucht, wächst das Mitleid für ihn.

Slomka meldete sich aus dem Urlaubsdomizil zunächst nur mit einer kurzen Notiz auf seiner eigenen Homepage. „Liebe 96-Familie“, schrieb er, „ich danke euch allen sehr herzlich für die grandiose Unterstützung in den letzten fast vier Jahren.“

Die Nachricht von Slomkas Beurlaubung muss zwangsläufig mit neuen Plänen der Vereinsführung verbunden sein – sonst wäre der Eiertanz um seine Entlassung noch in eine weitere Runde gegangen. Ein junger, aufstrebender Nachfolger soll her, der eine durchaus erfolgreiche Aufbauarbeit frei von Allüren fortsetzt, der nicht die üblichen Wege einschlägt, sondern ein kluges Konzept für einen wirtschaftlich nur mittelmäßig aufgestellten Verein mitbringt.

Slomka darf für sich in Anspruch nehmen, dass er 2010 nach der Tragödie um Robert Enke einen kaum für möglich gehaltenen Klassenerhalt schaffte, gefolgt von zwei Jahren mit Höhenflügen in der Europa League. Die gewünschte Weiterentwicklung des Teams misslang aber zuletzt, die Laufleistungen ließen nach, die Verletzungen nahmen zu. 96-Boss Kind möchte seinen Klub auf Dauer im oberen Tabellendrittel und im europäischen Geschäft etabliert haben. An dieser Hürde ist Slomka gescheitert. Christian Otto

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