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Moderner Fünfkampf: Entscheidung im Gelände

WM-Serie, Teil 5: Fünfkämpfer Steffen Gebhardt quält sich im Lauftraining – es ist die finale Disziplin.

Heute beginnt in Berlin die Weltmeisterschaft im Modernen Fünfkampf. Sechs Tage lang werden sich die Athleten auf dem Olympiagelände im Schießen, Fechten, Schwimmen, Reiten und Laufen messen. Vor dem WM-Start haben deutsche Fünfkämpfer an dieser Stelle jeden Tag eine der Disziplinen erklärt. Heute zum Abschluss: Steffen Gebhardt, 26, übers Laufen.

„Das Laufen ist manchmal eine echte Schinderei“, sagt Steffen Gebhardt. Schon mit elf Jahren kam der heute 26-Jährige zum Modernen Fünfkampf und nahm sich von Anfang an viel vor: „Ich habe direkt mit allen Disziplinen angefangen und vorher keine davon einzeln betrieben“, sagt der Darmstädter. Die Leistungen in den fünf Disziplinen sind bei ihm deshalb auch recht ausgeglichen. Auch seine Leistungsschwankungen verteilen sich gleichmäßig auf die fünf Sportarten, wobei es bestimmte Phasen gibt: „In letzter Zeit hat das Reiten nicht so gut geklappt“, sagt er.

Laufen trainiert Steffen Gebhardt sechs Mal in der Woche. „So kommt man auf rund 80 Kilometer.“ Zusätzlich macht er laufspezifische Gymnastik und trainiert jeden Tag für zwei bis drei weitere Disziplinen. „Dabei ist die Reihenfolge sehr wichtig“, sagt er. Direkt nach dem Lauftraining habe man keine ruhige Hand zum Schießen und auch zu wenig Schnellkraft zum Fechten.

Im Wettkampf ist das Laufen eine der wichtigsten Disziplinen, denn nach dem 3000-Meter-Lauf quer durchs Gelände fällt die Entscheidung über den Gesamtsieg. Der Punktestand nach den ersten vier Disziplinen entscheidet dabei darüber, mit welchem Handicap die Fünfkämpfer an den Start gehen. Für die Zuschauer ist der Zieleinlauf der spannendste Moment – denn wer als erstes ankommt, ist Gesamtsieger. „Mehr als vier Plätze werden im Laufen aber meist nicht mehr aufgeholt“, sagt Gebhardt. Es kann aber auch passieren, dass zwischen den einzelnen Läufern schon mehr als 20 Sekunden liegen, sodass der Sieger schon feststeht. In anderen Fällen gehen die Fünfkämpfer im Sekundentakt nacheinander an den Start. Dann wird es besonders spannend und allein das Laufen entscheidet, wer gewinnt.

Um sich voll auf die WM in Berlin und auf die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2008 in Peking konzentrieren zu können, hat Steffen Gebhardt sein Maschinenbau-Studium unterbrochen. Zum Training wurde ihm ein Platz bei der Sportfördergruppe der Bundeswehr zur Verfügung gestellt. Außerdem hat er das Glück, einen echten Sponsor zu haben: Die GGEW, ein Energieversorger aus der Region Bensheim/Darmstadt. „Soweit ich weiß, bin ich damit der einzige deutsche Fünfkämpfer, der einen Sponsor in diesem Rahmen hat“, sagt Gebhardt. Und tatsächlich müssen fast alle seiner Teamkollegen ihren Sport weitgehend selbst finanzieren.

Um sich das Ticket für die Olympischen Spiele im nächsten Jahr direkt zu sichern, müsste Gebhardt jetzt bei der Weltmeisterschaft in Berlin unter die ersten Drei kommen. „Das habe ich nicht konkret im Auge“, sagt er. Er setzt darauf, dass er Punkte für die Weltrangliste sammeln kann – denn die ersten Sieben fahren mit nach Peking. „Wenn einer der ersten Sieben sich aber auf andere Weise qualifiziert, zum Beispiel, indem er nächstes Jahr bei der WM unter die ersten Drei kommt, rückt der Weltranglistenachte nach“, erklärt Klaus Schormann, Präsident des Weltverbandes und des Deutschen Verbandes für Modernen Fünfkampf.

„Sportlich gesehen ist die WM in Berlin der absolute Höhepunkt, auf den das Training des gesamten Jahres ausgerichtet ist“, sagt Steffen Gebhardt. „Vom Niveau her ist eine Spitzenplatzierung hier sogar schwieriger zu erreichen als bei den Olympischen Spielen, weil die Teilnehmerzahl nicht so streng limitiert ist und man durch den harten Vorkampf muss“, sagt er. In den letzten Jahren hat sich immer wieder gezeigt, dass auch der eine oder andere Favorit im Vorkampf ausscheiden kann.

Steffen Gebhardt freut sich auf die WM im eigenen Land. Dass der Moderne Fünfkampf allein dadurch in Deutschland langfristig mehr Beachtung findet, glaubt er aber nicht. „Wir Athleten können nur versuchen, mit Erfolgen einen Teil dazu beizutragen, aber auch gute Nachwuchsarbeit an den Stützpunkten ist wichtig, damit der Moderne Fünfkampf Zukunft hat“, sagt er. Die Veranstalter der WM, die heute mit den Vorkämpfen auf dem Berliner Olympiagelände beginnt, haben versucht, die Wettkämpfe möglichst publikumsfreundlich zu gestalten: Alle Disziplinen finden auf engem Raum und an einem Tag statt. Gebhardt kann dem Austragungsort Berlin auch noch etwas Anderes abgewinnen: „Ich freue mich auf Ausgehmöglichkeiten nach dem Wettkampf.“

Dagny Lüdemann

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