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Mönchenglabach: Aufstand ohne Aufständische

Die Rote Laterne in der Liga, ein kritischer Brief der Mannschaft - die Lage in Mönchenladbach ist bedrohlich. Doch Trainer Hans Meyer meistert die Situation mit Humor.

Ungefähr die Hälfte des Trainings ist vorüber, als sich bei Borussia Mönchengladbach Unerhörtes zuträgt. Der kleine Marko Marin hat beim Fußballtennis gerade per Kopf einen Punkt erzielt, seine Kollegen brechen in demonstrativen Jubel aus, und auch Hans Meyer, der ganz entspannt am Netzpfosten lehnt, findet ein Wort des Lobs. Marko Marin lacht. Ja, er lacht. Eigentlich dürfte das ja gar nicht passieren. Die jüngsten Nachrichten aus Mönchengladbach kündeten eher von einem angespannten Verhältnis zwischen dem Trainer Meyer und dem 19 Jahre alten Nationalspieler. Und auch sonst wurde in dieser Woche wenig Erfreuliches vom Tabellenletzten der Fußball-Bundesliga vermeldet.

Am Ende dieser Woche sind neun Kameras im Presseraum aufgebaut, der Andrang bei der Pressekonferenz ist weit größer, als es das anstehende Auswärtsspiel in Bremen vermuten ließe. „Siehst du, Max“, sagt Meyer zu Sportdirektor Max Eberl, „ich hab’ doch gesagt: Wir müssen nur mal besser Fußball spielen, und schon kommen wieder mehr Journalisten.“

Ja, Hans Meyer macht noch Witze. Dabei ist die Situation alles andere als komisch. Auf vier Punkte hat sich der Abstand zu Platz 15 vergrößert, und passend zur sportlichen Misere ist in dieser Woche ein mit „Die Mannschaft“ unterzeichneter Brief an die Öffentlichkeit gelangt, der von den Boulevardmedien als Aufstand gegen den Trainer ausgeschlachtet wurde. „Gelacht habe ich natürlich nicht darüber“, sagt Meyer. Aber richtig ernst nehmen könne er den Brief nicht.

Das Schreiben an Borussias Präsidium ist mehr als einen Monat alt, dass es jetzt bekannt wurde, ärgert Meyer umso mehr. „Wir brauchen für das, was kommt, einen klaren Kopf“, sagt er. Mit dem Punkt gegen Hoffenheim hätten sie ein kleines Pflänzchen gesetzt, doch das ist jetzt wieder zertrampelt worden. „Ganz Deutschland ist der Meinung, die Mannschaft geht mit Messern und Pistolen in der Tasche auf mich los“, sagt Meyer.

Der Klub hat den Brief nicht als generellen Angriff auf den Trainer gedeutet, zumal dessen Name nicht einmal erwähnt wurde und nicht alle Spieler den Inhalt des Schreibens gekannt hätten. „Natürlich habe ich den Brief ernst genommen“, sagt Eberl. „Aber über die Art und Weise kann man diskutieren.“ Ein Teil der Mannschaft hat seinen Unmut über den Umgang mit den Spielern geäußert, die aus dem Profikader verbannt wurden. Hauptsächlich aber ging es um einen Physiotherapeuten, der nicht mehr mit der Mannschaft arbeitet. „Ich habe das nie als Aufstand verstanden“, sagt Meyer. „Und ich werde es nicht verstehen, warum erwachsene Menschen nicht selbst zu mir kommen, wenn sie ein Problem haben.“

Für Meyers Feinde ist klar: Die Spieler haben Angst vor ihm. Überhaupt bedient Borussias Trainer gerade alle Klischees, die über ihn kursieren: dass er mit 66 Jahren fachlich nicht mehr auf der Höhe der Zeit sei, mit der heutigen Spielergeneration nicht klar komme und überhaupt ein schlimmer Zyniker sei. Als Meyer am Wochenende gefragt wurde, warum er denn Marko Marin gegen Hoffenheim ausgewechselt habe, ätzte er über dessen angebliche Glanzleistung, anstatt einfach zu sagen, dass Oliver Neuville mit seiner Erfahrung der bessere Mann für die Verteidigung des 1:0-Vorsprungs gewesen sei.

An Meyers fachlichen Entscheidungen gibt es wenig auszusetzen, an der Auswechslung Marins gegen Hoffenheim ebenso wenig wie am umfassenden Umbau der Mannschaft in der Winterpause, der den Zweitligakader nach dem Aufstieg erstligatauglich machte. Die Außendarstellung aber ist katastrophal: In der Öffentlichkeit verfestigt sich gerade immer mehr der Eindruck, dass Meyer den Nationalspieler Marin künstlich klein halten wolle. Die Realität sieht ganz anders aus: Marin stand in allen 19 Saisonspielen auf dem Platz, 16-mal sogar in der Startelf. Auf eine solche Bilanz kommt in der Bundesliga kein anderer 19-Jähriger.

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