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Sport: Momente ohne Zauber

Die Typologie der Fußballfans kennt zwei verschiedene Arten, die im Grunde wenig miteinander zu tun haben. Da gibt es zum einen den Fan eines Vereins, zum anderen den des Spiels an sich.

Die Typologie der Fußballfans kennt zwei verschiedene Arten, die im Grunde wenig miteinander zu tun haben. Da gibt es zum einen den Fan eines Vereins, zum anderen den des Spiels an sich. Sie unterscheiden sich vor allem in ihrer Sicht auf die Vergangenheit. Während der Vereinsfan sich meist mit nostalgischer Verklärung an früher erinnert, sind dem Fan des Spiels derartige Gefühlsregungen vollkommen fremd. Das Spiel revolutioniert sich ständig, niemand kann daher ernsthaft die Meinung vertreten, dass, sagen wir, die Bayern von 1974 den Endpunkt aller fußballerischen Entwicklungen darstellten.

Andererseits bietet ein Nissan Micra des Jahres 2006 auch deutlich mehr Fahrkomfort als ein VW-Käfer von 1970 – das Fahrerlebnis aber spricht eindeutig für den Käfer. So ist es auch beim Fußball. In den vergangenen 20 Jahren, in denen die Kommerzialisierung voll auf den Sport durchgeschlagen hat, hat es keine Neuerung gegeben, die das Erlebnis Fußball im Stadion wirklich besser gemacht hat. Heute im Olympiastadion wird das wieder zu beobachten sein: wenn das Pokalfinale zu Ende ist und auf dem Rasen die Sieger geehrt werden. Früher sind die Sieger die Treppen zur Ehrentribüne hochgestiegen, haben die Honoratioren abgeschritten und dann von oben das Volk mit dem Pokal gegrüßt. Heute schaut das Volk auf die Sieger hinab. Die Spieler stehen ein wenig verloren auf einem Plastikpodest und warten auf die schmucklose Übergabe des Pokals. Eben dieser, der entscheidende Moment eines solchen Finales ist seines Zaubers beraubt worden.

Geradezu wunderbar ist es daher, dass Michel Platini, der neue Präsident der Uefa, in seinem Zuständigkeitsbereich den alten Zustand wiederhergestellt hat und die Europapokale nun wieder auf der Tribüne vergeben werden. Platinis Begründung, dass die Fußballer damit näher an den Fan rücken, ist natürlich Quatsch. Schön ist es trotzdem.

schreibt an dieser Stelle im Wechsel mit Philipp Köster.

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