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Sport: Moppelig mit Rock

Erinnerungen an die Anfangszeiten des Frauenfußballs

Berlin. Die Herren sorgten sich um die weibliche Seele. 1955 verbot der DFB-Bundestag den Frauenfußball, „weil beim Kampf Körper und Seele der Frauen unweigerlich Schaden erleiden“. Erst 1970 wurde das Verbot aufgehoben.

Als es fiel, „haben Frauen zur Volksbelustigung Einlagespiele bestritten – dicke Muttis und Keglerinnen wollten plötzlich Fußball spielen“, erzählt Monika Koch-Emsermann, die 1972 bis 1993 Trainerin und Managerin des FSV Frankfurt war, einem der besten deutschen Teams. Manche Frauen trugen anfangs selbst dazu bei, dass sie belächelt wurden. „Es gab Frauen, die haben mit Röckchen gespielt und eine Schiedsrichterin mit Röckchen, die moppelig war“, sagt Koch-Emsermann. Inzwischen spielen in Deutschland 850 000 Frauen Fußball, bei Mädchen ist es die beliebteste Mannschaftssportart.

Koch-Emsermann war 28 Jahre alt und Dreikämpferin in der Leichtathletik-Abteilung des FSV Frankfurt, als Frauenfußball endlich geduldet wurde. „Schon vorher haben wir nach dem Training Fußball gespielt. Als es dann erlaubt war, ist eine von uns zum Präsidenten gegangen und hat ihm gesagt, dass wir eine Mannschaft aufmachen wollen.“ Der Präsident fand kickende Frauen gar nicht so seltsam und meinte: „Wenn, dann muss das jemand machen, der es kann.“ So wurde zunächst Oskar Lotz, ehemaliger Bundesligaspieler von Eintracht Frankfurt, Trainer der kickenden Leichtathletinnen. Zwei Jahre später übernahm Koch-Emsermann seinen Posten. Als sie den Trainerschein machen wollte, wurde sie zunächst abgewiesen – „weil es kein Damenklo in den Sportschulen gab“. Doch schließlich machte sie doch die Lizenz. Schnell war ihr Team in Hessen die Nummer zwei hinter „Oberst Schiel“, einem Klub, dessen Entwicklungsgeschichte so merkwürdig ist wie der Name.

Eigentlich war Oberst Schiel ein Schützenverein. Die Frauen der Schützen veranstalteten zum Spaß ein Fußballspiel „und wollten es gleich wiederholen“, erzählt Monika Staab, die Trainerin des Deutschen Meisters 1. FFC Frankfurt, „leider ging das nicht, weil danach viele Spielerinnen Zerrungen hatten“. Fortan wurde regelmäßig trainiert.

Später zog der FSV Frankfurt an Oberst Schiel vorbei, wurde Meister und Pokalsieger. „Meine Mutter hat jahrelang ignoriert, dass ich Fußball spiele. Erst als andere gesagt haben, ,Ihre Tochter ist ja Deutsche Meisterin’, da hat sie sich nicht mehr geschämt.“ Aufgefallen ist eine Frankfurterin aber dennoch wegen ihres Aussehens und nicht wegen ihres Könnens: Die Mutter von vier Buben war begeistert, dass endlich auch sie Fußball spielen konnte. Sie trug bei Spielen kurze Hosen wie ihre Mannschaftskameradinnen – und untendrunter Perlonstrumpfhosen, „damit ich schöne Beine habe“.

Viele Dinge, mussten sich die Frauen erkämpfen. „Anfangs durften wir nicht mal auf die Rasenplätze“, erzählt Koch-Emsermann. Aber es gab auch Männer, die sich für Frauen einsetzten, etwa einen Referenten für Frauenfußball im hessischen Verband. Er war sehr engagiert – bis seine Ehefrau einschritt. Koch-Emsermann erinnert sich: „Sie wollte nicht, dass ihr Mann sich mit Frauen mit schwabbelndem Busen beschäftigt.“

Helen Ruwald

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