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Dicht an dicht. Technische Änderungen an den Autos sollen die Fahrer herausfordern und spannendere Rennen garantieren.

© Uwe Anspach/dpa

Motorsport: DTM auf Abwegen

Die Deutsche Tourenwagen Masters startet an diesem Wochenende in ihre neue Saison. Doch ob es für die Rennserie eine Zukunft gibt, ist ungewiss.

Von Sabine Beikler

Mehr Action, enger geführte Rennen, die ADAC Formel 4 im Rahmenprogramm und am Abend Hip-Hop mit den Fantastischen Vier: Die Deutsche Tourenwagen Masters (DTM) startet am Wochenende auf dem Hockenheimring mit den beiden Auftaktrennen in ihre 32. Saison. Neben Motorsport wollen die Veranstalter die Fans mit einem familienfreundlichen Programm unterhalten. Aber reicht das, um die Rennserie zu retten? DTM-Chef Gerhard Berger hat große Probleme. BMW und Audi fordern Planungssicherheit. Denn noch ist unklar, wer nach dem Ausstieg von Mercedes-AMG Ende des Jahres als drittes Team oder Hersteller einsteigt – und ob überhaupt jemand möchte. „Wir brauchen eine Zusage“, sagte Hans-Joachim Stuck, Präsident des Deutschen Motor Sport Bundes (DMSB), dem Tagesspiegel. Stuck befürchtet, dass ohne einen dritten Hersteller ab 2019 auch BMW oder Audi aus der DTM aussteigen. Das wäre das Ende der DTM. „Es wäre schade, wenn die DTM als Plattform wegbricht“, sagte Stuck.

Ex-Formel-1-Pilot Gerhard Berger führt zurzeit mit Herstellern und Teams Gespräche. Der Österreicher ist Berufsoptimist und weiß, dass die Zeit langsam drängt: „Die DTM-Zukunft ist kein Selbstläufer. Die Hintergrundarbeit ist notwendig, um die Serie voran zu bringen. Es gibt an einigen Ecken Gegenwind. Trotzdem hat die DTM Chancen. Sie ist widerstandsfähig, und es gibt durchaus gewichtige Gründe, sich für den Fortbestand einzusetzen“, sagte Berger dem Tagesspiegel.

Nach der Ankündigung von Mercedes im vergangenen Jahr, Ende 2018 auszusteigen, glaubte Berger noch, dass die DTM auch mit nur zwei Herstellern möglich ist. In der Geschichte der Rennserie war das schon einmal zwischen 2006 und 2011 so, als sich Opel verabschiedete und nur noch Audi und Mercedes gegeneinander fuhren. Aber die Zeiten haben sich geändert. Auf den Herstellern lastet ein enormer Kostendruck. Und nicht nur Mercedes, sondern auch Porsche setzen auf E-Mobility und steigen ab 2019/2020 in die Formel E ein. Audi fährt bereits in der Formel E, und BMW will Ende 2018 in die Formelserie einsteigen.

Ausstieg von Mercedes wiegt schwer

„Wir brauchen in der DTM eine dritte Marke. Diese Marke kann von einem Hersteller oder einem professionellen Team eingesetzt werden. Ob das HWA oder Schnitzer Motorsport heißt, ist egal. Die Teams sind willkommen“, sagt Berger. Kurz vor dem Saisonstart ist HWA der aussichtsreichste Kandidat. Die HWA AG betreibt Rennsport und fertigt Bauteile für Mercedes. Dass aber der Stuttgarter Konzern die Autos für HWA freigibt, ist eher unwahrscheinlich. Trotzdem ist Berger von der Berechtigung der DTM als wichtige Werbeplattform für Hersteller überzeugt.

Der Ausstieg von Mercedes habe zwar eine „große Unsicherheit“ gebracht. Aber Automobilhersteller wie VW seien „sich wieder bewusst geworden, dass die Absätze und Erträge noch sehr lange vom Verbrennungsmotor kommen werden. Das wird die nächsten sieben bis zehn Jahre sicher so sein.“ Andere Branchenkenner, die nicht genannt werden wollen, sprechen nur von einer „Fifty-fifty-Chance“, dass die DTM überlebt. Zur Zukunft der DTM könnte auch die Öffnung für asiatische Rennserien gehören. Seit 2014 wird eine Fusion mit der japanischen Super GT beschworen. „Die Voraussetzung ist dafür ein Abgleich im Reglement. Wir führen aktiv Gespräche und sind in der Endphase der Verhandlungen“, sagt Berger. Einen Zeitplan gibt es nicht.

Noch treten in dieser Saison an den zehn Wochenenden mit jeweils zwei Rennen die drei Hersteller Audi, BMW und Mercedes-AMG mit 18 Fahrern an. Für diese Saison hat die DTM ihr Reglement überarbeitet: Durch Änderungen in der Aerodynamik sollen die Autos um 30 Prozent weniger Abtrieb produzieren, so dass sie schwieriger zu fahren sind. Dann kommt es umso mehr auf die Leistung der Fahrer an. Die Rennen sollen so spektakulärer werden. „Mit der Einheitsaerodynamik wird alles noch enger“, sagte der Titelverteidiger René Rast vom Audi Team Rosberg.

Schon im vergangenen Jahr hatte die DTM ein neues Reglement für die Renndauer von jeweils 55 Minuten plus eine vollständige Runde eingeführt. Bei den Fans ist der Indianapolis-Start gut angekommen: Die Autos ordnen sich in Zweierreihen, bevor das Rennen im fliegenden Start wieder freigegeben wird. Vor dem Rennen können die Fans mit entsprechenden Tickets in Glaskabinen die Teams direkt in den Boxengassen beobachten. Und an geeigneten Strecken werden in diesem Jahr Fan-Terrassen mit direktem Blick auf die Boxengasse eröffnet.

TV-Rechte liegen bei Sat 1

Die Veranstalter setzen nun noch mehr auf Festival-Atmosphäre mit Musik und einem Rahmenprogramm. Am Hockenheimring und am Lausitzring (18. bis 20. Mai) wird die Formel 4 gefahren. Weil parallel zum Rennen am Lausitzring am 19. Mai auch die Formel E in Berlin zu Gast ist und das DFB-Pokalfinale im Olympiastadion stattfindet, planen die DTM-Veranstalter an diesem Abend ein großes Public Viewing am Lausitzring.

Sechsmal werden in der diesjährigen DTM auch Rennen der Formel-3-Europameisterschaften gefahren. Das Rahmenprogramm wird um die Tourenwagen-Classics bei den Rennen auf dem Norisring und dem Nürburgring ergänzt. Fünf Rennen werden in Deutschland, fünf im europäischen Ausland gefahren. Erstmals fährt die DTM in diesem Jahr auch auf der Grand-Prix-Strecke in Brands Hatch südöstlich von London und auf der legendären Rennstrecke in Misano an der italienischen Adria.

Nachdem die ARD noch 2017 übertragender Exklusiv-Sender war und die Übertragung vom Norisring zum großen Ärger der Fans und Motorsportfunktionäre kurz nach einem Restart abgebrochen hatte, hat Sat 1 die Rechte für zwei Jahre erhalten. Übertragen werden alle Rennen jeweils ab 13 Uhr. Ausnahmen bilden die Übertragungen des Nachtrennens in Misano und des DTM-Finallaufs im Oktober am Hockenheimring. Die DTM selbst zeigt alle Trainingseinheiten und Läufe im Livestream. Mit diesem Angebot will sie ihre Message an die Fans weitergeben, wie Berger sagt: Freude am Fahren, Emotionen und Motorsport. Fragt sich nur wie lange noch.

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