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Vorfreude auf Neuruppin? Jedenfalls freut sich der MSV auf die Hertha-Profis.

© Annegret Hilse/dpa

MSV Neuruppin vor dem Testspiel: Ein besonderer Abend - nur für Hertha BSC

In Neuruppin bereitet sich der dortige MSV auf den Gast aus der Bundesliga vor. Mit dem FC Bayern haben die Brandenburger keine guten Erfahrungen gemacht.

Jens Reckmann ans Telefon zu kriegen, ist in diesen Tagen gar nicht so leicht. Beim Abteilungsleiter des MSV Neuruppin laufen im Moment alle Fäden zusammen. Wochenlang hat er organisiert und geplant, hat Werbung gemacht und sich um hunderttausend Kleinigkeiten gekümmert – alles für diesen einen Abend. Am Donnerstag ist der Sechstligist aus dem Norden Brandenburgs, gut 70 Kilometer von Berlin entfernt, Gastgeber und Testspielgegner für den ranghöchsten Fußball-Verein der Region: Hertha BSC. Die Begegnung im Neuruppiner Volksparkstadion wird um 18.30 Uhr angepfiffen.

Noch mehr als über das Spiel an sich hat sich Abteilungsleiter Reckmann über etwas anderes gefreut. „Viele unserer Jungs sind extra früher aus dem Urlaub zurückgekommen oder gar nicht erst gefahren“, sagt Reckmann, „weil das Duell mit Hertha für uns natürlich das Spiel des Jahres ist.“ Er könnte auch sagen: Weil es endlich mal wieder hochklassigen Fußball in Neuruppin zu sehen gibt.

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass der MSV Neuruppin, gegründet 1919, nicht unbedingt die besten Erfahrungen mit den führenden Klubs der Branche gemacht hat. Ziemlich genau 13 Jahre ist es mittlerweile her, dass der Verein nach seinem Sieg im Landespokal das ganz große Los zog. In der ersten Runde des DFB-Pokals 2005 schaute der ruhmreiche FC Bayern vorbei, wegen des großen Interesses mietete der MSV für einen Tag das Olympiastadion an und zog in Herthas Wohnzimmer.

Ausgeprägter Größenwahn

In der Retrospektive sollte sich diese Entscheidung allerdings als letzter Sargnagel für den Verein erweisen. Wenige Monate nach dem 0:4 vor gut 33 000 Zuschauern meldete er Insolvenz an. Das vermeintliche Traumlos entpuppte sich als Alptraum. Dass der FC Bayern im DFB-Pokal gegen unterklassige Gegner auf seinen Teil des Kuchens verzichten würde, war ein Gerücht, an das sie sich in Neuruppin gern geklammert haben. Vor allem aber war es – eine Ente. Irgendwann fiel das Kartenhaus zusammen, die Schulden erdrückten zunächst jeden Versuch eines Neustarts.

Jens Reckmann, beim MSV seit nunmehr zwölf Jahren Abteilungsleiter Fußball und seinerzeit Mitglied der zweiten Mannschaft, kann sich noch genau an die prahlerischen Jahre erinnern. „Es war nicht – wie es so oft heißt – dieses eine Spiel, das den Verein ruiniert hat, im Gegenteil“, sagt Reckmann. „Die Oberliga-Mannschaft ist damals so verstärkt und hochgerüstet worden, dass es überhaupt erst zum Landespokalsieg und zur Teilnahme am DFB-Pokal gereicht hat. Die Fehler sind aber vorher gemacht worden.“

Kurz nach der Jahrtausendwende war die Heimatstadt Theodor Fontanes in vielerlei Hinsicht ein Paradebeispiel für ausgeprägten Größenwahn auf Amateursportebene: Im Kader der ersten MSV-Mannschaft etwa standen exakt null Neuruppiner. Dafür machten sich mäßig begabte Fußballer aus dem Umland so richtig schön die Taschen voll; monatliche Gehälter im vierstelligen Bereich waren beim Oberligisten eher die Regel als die Ausnahme. Bei den Handballern der Stadt, dem HC Neuruppin, sah es ganz ähnlich aus. Auch der HCN wollte perspektivisch in den Profi-Sport, auch er scheiterte mit besagter Legionärs-Methodik.

Mittlerweile hat sich der MSV Neuruppin wieder stabilisiert. „Wir verfügen über eine junge Mannschaft mit guten Perspektiven. Außerdem spielen alle unsere Nachwuchs-Mannschaften in der Brandenburgliga, also der höchsten des Landes“, sagt Reckmann, „es sieht wieder deutlich besser aus.“ Da kommt der Test gegen den Bundesligisten aus Berlin also gerade recht. Was sich die Amateure gegen die Profis vorgenommen haben? „Wir wollen uns gut verkaufen“, sagt Reckmann und fügt lachend hinzu: „Und so wenig Gegentore kassieren wie möglich.“

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