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Sport: Mut und Einsicht

Trainer Mirko Votava kämpft bei Union um Anerkennung

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin. Mirko Votava wich nicht aus. Er drehte den Kopf in Richtung Haupttribüne, suchte, grimmig schauend, den Blickkontakt. Und zwar zu jenen Leuten, die ihn da zu Beginn der zweiten Halbzeit auf dem Weg zu seiner Bank nach Leibeskräften ausbuhten, manche riefen auch gleich: „Votava raus!“ Der von Votava trainierte Fußball-Zweitligist 1. FC Union lag zu diesem Zeitpunkt an der Alten Försterei gegen Alemannia Aachen 0:2 zurück und hatte – wie Votava später zugab – „bis dahin einen Grottenkick“ gezeigt. Doch die Missstimmung verwandelte Union in Durchgang zwei mit drei Toren binnen neun Minuten in ein österliches Freudenfest. Am Ende lag sich Unions Fußvolk nach dem 3:2 (0:2)-Sieg der Mannschaft glückselig in den Armen.

Fraglich bleibt, ob sich die Zuschauer nach diesem Sieg gleich wieder mit dem Trainer versöhnen. „Man kann das ja nicht so pauschal sehen. Es sind doch nur ein paar Zuschauer gewesen, die mich schon vor der Halbzeit entlassen haben“, sagte Votava. Der frühere Bremer Profi ist kein Typ, der sich vom ersten Gegenwind umpusten lässt. Er gilt als Kämpfer. „Wo ein Georgi Wassilew oder, wie früher in Bremen, ein Otto Rehhagel lange Jahre erfolgreich gearbeitet haben, da ist es immer schwer, sich als Trainer zu etablieren, da wird eben vieles von vornherein angezweifelt“, sagt er.

Was Mirko Votava in der Halbzeitpause des Aachen-Spiels anstellte, schien auf den ersten Blick ein Akt purer Verzweiflung. Sixten Veit und Daniel Ernemann mussten weichen, mit Sreto Ristic, der wegen einer Verletzung nach eigenen Angaben „in den letzten vier Wochen kaum vernünftig trainiert“ hatte, und Salif Keita wurde die Offensivabteilung aufgestockt. Vielleicht hätte auch das nichts gebracht, wäre nicht Aachens Ivica Grlic ein Eigentor unterlaufen, wie es dümmer nicht fallen kann. Ein Freistoß von Ronny Nikol, unkontrolliert und einfallslos in Aachens Strafraum geschlagen, prallte von Grlics Oberschenkel ab und von dort ins Tornetz. Union legte nach – und wie: Durch Tore von Wehlage und Keita kippte die Partie innerhalb von nur neun Minuten.

Glücklicher 1. FC Union. Und auch ein glücklicher Mirko Votava? Nicht ganz. „Es ist kein einfaches Arbeiten hier. Ich muss mir Stück für Stück meine Anerkennung verdienen“, sagte er nach dem Schlusspfiff. Votavas Bilanz nach 18 Spielen beim 1. FC Union liest sich gar nicht mal so grausam: Fünf Siegen stehen nur vier Niederlagen gegenüber, der ganze Rest endete unentschieden.

Unions Präsident Heiner Bertram waren die Anfeindungen des Publikums gegen den Trainer nicht verborgen geblieben. „Ich bin dankbar, dass wir einen Trainer haben, der in kritischer Situation den Mut und die Einsicht hatte, das Richtige zu tun“, sagte Bertram. Böse Zungen behaupteten nachher, das zur Einsicht notwendige sei Votava zur Pause eingeflüstert worden – und zwar von Heiner Bertram höchstselbst. Aber auch das könnten Gerüchte sein, gestreut von Leuten, die Votava ohnehin nicht mögen.

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