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Sport: Nach Boris Becker will der Tennistrainer nun Nicolas Kiefer nach ganz oben führen

Bob Brett (46) ist seit Februar 1998 Trainer des derzeit besten deutschen Tennisspielers Nicolas Kiefer. Der gebürtiger Australier, der in Monte Carlo lebt, wurde in Deutschland bekannt, weil er 1991 Boris Becker zur Nummer Eins der Weltrangliste führte.

Bob Brett (46) ist seit Februar 1998 Trainer des derzeit besten deutschen Tennisspielers Nicolas Kiefer. Der gebürtiger Australier, der in Monte Carlo lebt, wurde in Deutschland bekannt, weil er 1991 Boris Becker zur Nummer Eins der Weltrangliste führte. Er war unter anderem auch Coach von Goran Ivanisevic, Andrej Medwedew, Andres Gomez und Tim Mayotte. In Hannover sprach Dietmar Wenck mit ihm.

Nicolas Kiefer ist WM-Neuling. Aber wie oft waren Sie schon als Coach eines teilnehmenden Spielers beim Masters oder der ATP-WM dabei?

Ich muss zählen. Ich glaube, sieben Mal mit Boris, Goran und jetzt Nicolas. Aber vorher? Kann sein mit Johan Kriek. Ich weiß noch, dass Johan zu meiner Gruppe gehörte, als er 1982 die Australian Open gewann. Ich hab eine Menge Turniere im Kopf. Aber in dieser Frage bin ich nicht sicher.

Sie sind seit 20 Jahren als Trainer auf der Tour. Was war Ihre beste Zeit?

Ich habe vorher fünf Jahre bei Harry Hopman gearbeitet. Als die Firma Rossignol ihn fragte, ob er eine Trainingsgruppe, unter anderem mit Gomez, übernehmen wolle, hat er mir diese Möglichkeit gegeben. Sonst wäre ich jetzt nicht hier. Das war, wenn man so will, das größte Glück in meinem Tennis-Leben. Ich konnte in diesem Alter viel Erfahrung mit verschiedenen Spielern sammeln und auf der Tour Akzeptanz bekommen. Es war auch gut, eine Gruppe zu haben, nicht nur einen Spieler. Auch die Resultate waren gut. Das war natürlich auch einer der Gründe, warum mich Boris Becker später fragte, ob ich sein Trainer werden wolle. Das war wiederum großes Glück, eine große Gelegenheit, mit einem solchen Spieler mit der Mentalität eines Champions zusammenarbeiten zu können.

Ich hätte erwartet, Sie antworten, dies sei Ihre beste Zeit gewesen.

Ich habe jede Zeit genossen. Tennis war für mich Passion, seit ich zehn Jahre alt war. Mit 20 war mir klar, dass ich Tennis lehren wollte. Ich habe es immer genossen, auch die Zeit mit Goran, obwohl es schwer war. Aber er ist Nummer zwei der Welt geworden und stand zweimal im Wimbledon-Finale. Bei meiner Zusammenarbeit mit Boris Becker hat jeder erwartet, dass er noch einmal Wimbledon gewinnt. Für mich war etwas Anderes das Besondere: Dass er die Australian Open und die US Open gewonnen hat und Nummer eins der Welt geworden ist.

Es gibt eine nette Geschichte, wie Sie Boris Becker näher kennen gelernt haben. Als er 1985 als Wimbledonsieger bei den Australian Open in der zweiten Runde gescheitert war, haben Sie ihn in Ihren Golfklub eingeladen, damit er auf andere Gedanken kommt, wird erzählt.

Das stimmt. Ich kannte ihn aber schon ein bisschen aus dem Vorjahr. Und es war nicht mein Klub, sondern der Royal Melbourne Club, einer der besten der Welt. Ich habe ihn in meinem alten Auto abgeholt. Ich glaube, es war seine erste Runde auf dem Golfplatz. Aber es war ein schönes Erlebnis. So ein Tag kann wertvoller sein als irgendwelche Tennis-Siege.

Können Sie Becker und Kiefer vergleichen, gibt es gemeinsame Stärken, gemeinsame Schwächen?

Sie sind völlig unterschiedliche Athleten. Von der Physis her, aber auch unter anderen wichtigen Aspekten. Sehen Sie, Boris gewann mit 17 Jahren Wimbledon, mit 17 war Nicolas noch in der Schule. Es wäre unfair zu vergleichen. Außerdem steht Nicolas jetzt am Karriereanfang, Boris kennen wir am Ende seiner Karriere.

Seit fast zwei Jahren sind Sie Coach von Kiefer. Was erwarten Sie in Hannover von ihm?

Zu allererst ist es ein enormer Erfolg, dass er sich überhaupt qualifiziert hat. Als wir uns Anfang des Jahres unterhalten haben, war Platz 25 bis 20 unser Ziel. Dann 20 bis 15, dann 15 bis 10. Nun ist er der Weltranglistensechste. Er ist hier einer der Unerfahrensten, er ist der Jüngste. Egal, ob er seine Spiele gewinnt oder verliert, es wird ihn in seiner Entwicklung nach vorn bringen.

Für Sie sind Grand-Slam-Turniere und der Davis Cup die wichtigsten Events im Tennis. Tut es Ihnen weh, dass Nicolas im Moment nicht Davis Cup spielt?

Ich glaube, es ist sehr wichtig, Nicolas als Person zu verstehen, seine Entwicklung zu sehen und wie alles zusammenpasst. Er wird eines Tages Davis Cup spielen. Deutschland hat die Chance, ein großes Team zu haben, mit Thomas Haas und Nicolas. Sie haben in der Zukunft die große Chance, den Davis Cup zu gewinnen. Es braucht Zeit. Ich bin sicher, es wird passieren.

Manche Leute sagen, er habe ein Image-Problem. Sehen Sie das auch so?

Das Wichtigste ist: Du musst über die Arbeit kommen, ein kompletter Profi sein. Und die Dinge dort einordnen, wo sie hingehören. Er muss die Möglichkeit haben, das Maximum aus seinem Potenzial herauszuholen, als Sportler wie als Person. Du hoffst, alles richtig zu machen, aber erfahrungsgemäß gelingt das nicht so, wie viele Leute es erwarten. Junge Spieler brauchen Zeit, sich zu entwickeln, auch charakterlich. Auch ein Stefan Edberg wurde für sein Image kritisiert. Manche mögen seine Art, manche nicht. Nicolas ist bestimmt keine schlechte Person, er tut alles für seinen Beruf. Und im Moment macht er eine Menge neuer Erfahrungen.

Sie passen irgendwie nicht in die Tennis-Szene. Sie sind sehr öffentlichkeitsscheu und zurückhaltend.

Ich hatte sehr gute Lehrer. Zu einem guten Coach gehört, dass er seine Rolle richtig einschätzt. Er ist nicht für die Situationen der Siege da. Er ist für die Niederlagen da und dazu, zur Weiterentwicklung eines Spielers beizutragen. Diese Verantwortung hast du, und es gibt keine Entschuldigung dafür, im Erfolg des Spielers deine Balance zu verlieren. Du magst einen Beitrag geleistet haben, aber du bist nicht der Sieger. Das habe ich verinnerlicht. Ich habe viel Freude an meinem Leben, und ich bin einfach dankbar für die Möglichkeiten, die ich in meinem Leben habe.

Nicolas Kiefer ist WM-Neuling. Aber wie oft waren

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