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Lange Gesichter. Die Berliner Tolga Cigerci und Peter Pekarik (rechts) erlebten beim HSV eine Enttäuschung.

© dpa

Nach dem 0:2 in Hamburg: Hertha BSC: Europa kann warten

Hertha BSC tut sich noch schwer mit dem Gedanken, in der nächsten Saison international zu spielen. Es gilt das Prinzip: Alles oder Nichts.

Das Zuspiel landete nicht dort, wo es hätte landen sollen, ganz im Gegensatz zu den Worten, die darauf folgten. Im Bundesliga-Spiel zwischen dem Hamburger SV und Hertha BSC lief am Sonntagabend die Nachspielzeit, als Tolga Cigerci ein bisschen zu viel Kraft in einen Pass legte, der wiederum souverän und eigenständig den Weg ins absolute Niemandsland fand. Oder war es doch nicht Cigercis Fehler gewesen? Hätte Marvin Plattenhardt den Ball womöglich noch erreichen können, sofern er einfach durchgelaufen wäre? Wer auch immer im konkreten Fall Recht und wer Unrecht hatte: Cigerci und Plattenhardt warfen sich ein paar Sachen und Gesten zu, die im Interesse beider Spieler nicht weiter zu hören waren als bis zur Ersatzbank.

"Wir müssen nicht traurig sein", sagte Pal Dardai

Im Grunde war die Szene eine Lappalie, Herthas Auswärtsspiel beim vermeintlichen Lieblingsgegner in Hamburg war beim Stand von 2:0 entschieden, der überschaubare Widerstand der Berliner längst gebrochen. Und doch taugte sie als Sinnbild für einen der zweifellos schwächsten Auftritte in einer an starken Auftritten bislang so reichen Spielzeit. Es war im Großen ein bisschen so wie zwischen Plattenhardt und Cigerci im Kleinen: Wo lag der Fehler? Was sollte man nun halten von dieser siebten Niederlage der laufenden Saison, die jetzt ja nur noch neun Runden dauern wird? Und was heißt das für die Ambitionen der Berliner, die trotz Niederlage Tabellenplatz drei verteidigt hatten?

Bei diesen Fragen gingen die Meinungen dann doch weit auseinander. Den Anfang machte Herthas sportlicher Delegationsleiter Pal Dardai. „Ich brauche da nichts schönzureden: Wir müssen dieses Spiel einfach schnell vergessen und nach Hause fahren, weil hier nicht mehr drin war“, sagte der Trainer, „wir müssen nicht traurig sein.“

Diesen Standpunkt hatte Dardai allerdings ziemlich exklusiv, weil der HSV gerade in der ersten Halbzeit phasenweise unsicher und verwundbar gewirkt hatte. „Wir haben nicht das gezeigt, was uns normalerweise ausmacht“, sagte Mittelfeldspieler Per Skjelbred, „das ist sehr schade, weil wir eine große Chance hatten.“ Nämlich die, den Vorsprung auf den neuen Tabellennachbarn Schalke 04 vor dem unmittelbaren Duell am Freitagabend (20.30 Uhr, Olympiastadion) auf vier Punkte auszubauen.

„Wenn wir nicht immer 120 Prozent geben, klappt es bei uns nicht"

Vedad Ibisevic konnte selbst in diesem Umstand noch positive Aspekte entdecken, obwohl er offensichtlich angefressen war vom Ausgang der Begegnung. „Ich hoffe, dass das Gerede jetzt endlich aufhört“, sagte der Angreifer und meinte natürlich die Debatte, ob Hertha schon bereit ist für eine etwaige Europapokal-Teilnahme. Am Sonntag waren es die Berliner nicht, und das lag gar nicht unbedingt an Defiziten im spielerischen Bereich.

„Wir waren in vielen Situationen den berühmten Schritt hintendran“, sagte Innenverteidiger Niklas Stark. Ibisevic formulierte die Sache sogar noch ein wenig schärfer. „Wenn wir nicht immer 120 Prozent geben, klappt es bei uns nicht. Wir haben das Spiel viel zu einfach verloren“, sagte er, „das hat auch mit Einstellung zu tun, die Bundesliga ist knallhart.“

Dardai wollte dagegen nicht im Detail auf die Charakterfrage eingehen. „Die Tagesform hat entschieden“, sagte er, „entweder habe ich mich als Trainer etwas verschätzt in dieser Woche, oder es war wirklich Kopfsache.“ In jedem Fall ist Hertha dem, nun ja, bewährten Muster in englischen Wochen treu geblieben. „Bis jetzt war es doch immer so, dass wir dann das dritte Spiel verloren haben“, sagte Dardai.

Der Plan: Alles oder nichts

Diese Statistik dient dem Trainer durchaus als Argumentationskette für das, was womöglich noch kommen mag in den nächsten Wochen und Monaten. Dardai hat zuletzt immer häufiger betont, dass er für den Moment keinen gesteigerten Wert darauf legt, in der nächsten Saison dienstlich durch Europa zu touren. Beim Großteil des Berliner Anhangs hört sich das mittlerweile sehr ähnlich an – alles oder nichts, Champions League oder eben doch nur Bundesliga, dazwischen gibt es kaum nennenswerte Wünsche.

Angesichts mangelnder Erfahrungswerte – Hertha hat zuletzt in der Saison 2009/10 auf internationaler Ebene gespielt – muss die Frage schon erlaubt sein, ob der aktuelle Kader diesen Ansprüchen in der Breite ebenso wie in der Spitze tatsächlich genügt. Abschreckende Beispiele von ausreißenden Vereinen, die sich die Bundesliga-Saison mit dem Nebenschauplatz Europa vermiest oder sich in Turbulenzen gebracht haben, gab es in den letzten Jahren ja immer wieder.

Als nächstes kommt der FC Schalke 04

In welche Richtung es bis zum Saisonende für Hertha gehen kann, wird sich das nächste Mal am Freitagabend zeigen, im Spitzenspiel gegen Schalke 04. „Niederlagen zeigen einem immer, dass man weiter konzentriert arbeiten muss“, sagte Niklas Stark, bevor er in die Kabine verschwand, „das werden wir in den nächsten Tagen tun.“ Damit sich solche Missverständnisse wie im Spiel beim Hamburger SV vorerst nicht wieder ereignen.

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