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Auf Tiefflug. Herthas Palko Dardai verhakt sich mit dem Freiburger Manuel Gulde. Das Resultat: Kein Elfmeter.

© Jens Büttner/dpa

Nach dem 1:1 gegen Freiburg: Hertha BSC ist gegen die Besten besser

Der Berliner Fußball-Bundesligist passt sich oft an das Spielniveau des Gegners an – und verpasst damit manche Gelegenheit.

Als der ominöse Elfmeterpfiff am Sonntagnachmittag kurz vor dem Ende durch das Olympiastadion hallte, glaubten die allermeisten Zuschauer an einen Sieg des Gastgebers. 1:1 stand es vor mehr als 50 000 Zuschauern zwischen Hertha BSC und dem SC Freiburg. Und wer eine gute Sicht auf die Trainerbank der Berliner hatte, sah, wie Pal Dardai, der in seiner Coaching-Zone auf und ab lief, plötzlich eine Faust ballte und eine Säge andeutete. Nur zu sägen gab es dann nichts mehr.

Es wäre eine tolle Geschichte gewesen. Torwart Rune Jarstein hatte gerade einen möglichen Siegtreffer von Freiburgs Luca Waldschmidt mit einer famosen Parade verhindert, da tat sich am Sonntagnachmittag für Hertha BSC die Chance zum 2:1 auf. Palko Dardai, der wenige Minuten zuvor von seinem Vater und Trainer Pal eingewechselt worden war, rannte auf das Tor des Gegners zu. Doch ehe er schießen konnte, kam er zusammen mit dem Freiburger Manuel Gulde im Strafraum der Gäste zu Fall. Schiedsrichter Benjamin Cortus entschied auf Strafstoß für die Berliner, wurde dann aber per Funk vom Videoassistenten darum gebeten, sich die TV-Bilder nochmals anzusehen – und nahm seine Entscheidung zurück.

Kein Elfmeter, kein Tor, keine drei Punkte für Hertha. Die Mannschaft des führenden Berliner Fußballklubs hat es damit verpasst, sich unter die besten drei Mannschaften der Bundesliga zu spielen und zeigte ein bekanntes Phänomen. Gegen vermeintlich schwächere Gegner – wie Freiburg – gelingt es nicht, so famos zu spielen wie etwa gegen Bayern München, als Hertha vor heimischem Publikum 2:0 gewann und Zuschauer wie Experten begeisterte.

"Der Elfmeter ist keine klare Fehlentscheidung"

„Ich sage das nicht, weil Palko mein Sohn ist“, sagte Pal Dardai nach dem Spiel gegen Freiburg am Sonntagabend. „Aber der Elfmeter ist keine klare Fehlentscheidung.“ Tausend Jahre könne man über Szenen wie diese diskutieren. Aber das wollte Herthas Trainer nicht: „Wir müssen das einfach akzeptieren.“ Es spricht für die Berliner, dass sie nach dem doch etwas ernüchternden Unentschieden nicht die Schuld beim Schiedsrichter suchten, auch wenn dieser nicht nur wegen besagter Szene alles andere als einen guten Tag erwischt hatte. „Wir haben ganz gut kombiniert in der ersten Halbzeit, aber dann zu viel gefummelt am gegnerischen Strafraum. Da hat der letzte Pass gefehlt“, sagte Dardai. Sein Team hat sich also selbst Geschwindigkeit und Vehemenz genommen, könnte man fortführen.

Nun hat sich Hertha gegen Freiburg schon immer schwergetan, nur eins der vergangenen elf Duelle konnten die Berliner gewinnen. Doch in dieser bisher so erfolgreich verlaufenden Spielzeit ist es den Berlinern gelungen, schon manche anderen Serien zu knacken. Es schien sich etwas geändert zu haben. Sie gewannen bei Schalke 2:0, sie fegten Mönchengladbach mit 4:2 aus dem Stadion – und bezwangen eben selbst die Bayern. Das hatte es lange nicht gegeben. Sehr lange nicht. Insofern wirkte das 1:1 jetzt wie ein Rückschlag. Zumal auch das letzte Bundesligaspiel vor der Länderspielpause in Mainz (0:0) schon nicht so berauschend war. Wieder so eine Mannschaft, gegen die mehr möglich gewesen war.

Es fehlte an Tiefe und Tempo

Aus den Duellen mit nicht ganz so spielstarken Mannschaften haben die Berliner zwei Punkte geholt – eine magere Ausbeute, die Größeres wie den Sprung nach ganz oben in der Tabelle verhindert hat. Und so waren ein paar traurige Gesichter zu sehen unter den Hertha-Profis, als diese den Rasen am Sonntag verließen. Ist der kleine Berliner Höhenflug erst einmal gestoppt? Im Gegensatz zu Hertha haben die ersten Vier in der Tabelle ihre Spiele am Wochenende jedenfalls allesamt gewonnen. Noch ist nichts Schlimmes bei den Berlinern passiert, noch kann man nicht von einem Rückfall in alte Pomadigkeit sprechen.

Von so einer jungen Mannschaft kann man auch nicht erwarten, dass es immer nur in eine Richtung geht. Und Hertha zählt als Tabellensechster immer noch zum oberen Drittel. Trotzdem haben manche den Eindruck, als hätten sich Spielwitz und Raffinesse ein bisschen aus dem Spiel der Berliner geschlichen. Sie spielen nicht mehr so mutig und temperamentvoll wie zuletzt gegen die Großen der Branche. Wie schon in Mainz fehlte es auch gegen Freiburg oft an Tiefe und Tempo. Und wenn beides mal vorhanden war, haperte es am sogenannten letzten Pass, der unpräzise war. Ob das auch so gegen eine stärkere Mannschaft passiert wäre?

Vielleicht ist es ganz gut, dass es nun am Samstag zum Tabellenführer Dortmund geht. Schließlich hat es Hertha schon oft gutgetan, wenn es praktisch nichts zu verlieren gab. Danach kommen die starken Leipziger ins Olympiastadion. Das Pokalspiel in Darmstadt zwischendrin nicht zu vergessen. "Ich schätze den Punkt", sagte Pal Dardai nach dem Sonntagsspiel. Man wolle sich jetzt ganz auf das Spiel beim BVB vorbereiten und an der Spieldynamik und Aggressivität am gegnerischen Strafraum arbeiten, sagte dann auch Pal Dardai. Sollte wohl heißen: Das kriegen wir hin.

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