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Rudelbildung mal anders. Herthas Profis können nach dem Sieg in Hamburg durchschnaufen. Mit dem Abstiegskampf dürften sie nichts mehr zu tun haben.

© Reuters

Nach dem 2:1-Sieg beim HSV: Hertha BSC ist fast am Ziel

Hertha BSC spielt am besten, wenn der Druck groß ist und schaut jetzt wieder nach oben. "Wir sind extrem erleichtert", sagt Innenverteidiger Niklas Stark.

Alkohol ist im Mannschaftsbus von Hertha BSC streng untersagt. „Wir sind ja alle Profis“, sagt Trainer Pal Dardai. Folglich saß der Ungar am Samstagabend recht lange auf dem Trockenen, also im Mannschaftsbus, ehe er sich – endlich daheim angelangt – doch noch einen Tropfen genehmigte. „War aber nur ein kleines Gläschen“, berichtete Dardai am Morgen nach dem 2:1-Sieg beim Hamburger SV, „ich hatte schon den Pyjama an.“

Herthas Trainer ist immer wieder für solche Anekdoten gut, seine Geschwätzigkeit hebt ihn angenehm von vielen Bundesliga-Kollegen ab. Zuletzt war es allerdings nicht so gut um die Laune und das Mitteilungsbedürfnis des 42-Jährigen bestellt. „Ich habe vieles als zu negativ empfunden“, sagt Dardai. Mehr als 400 Minuten ohne Tor, vier Spiele ohne Sieg – da kann einem die Laune schon mal vergehen. Spätestens seit Samstagabend ist die Stimmung im Berliner Lager nun aber wieder gelöst. Dardais Auftreten bleibt ein solides Barometer für die sportliche Lage des Klubs.

Dass Hertha das Spiel locker drehte, sagt einiges über die Qualität des HSV im März 2018

„Wir sind extrem erleichtert“, sagt Innenverteidiger Niklas Stark nach dem vierten Auswärtssieg der Saison, „wenn wir in Hamburg verloren hätten, wäre es noch einmal ungemütlich in der Tabelle geworden.“ So können sie erstmal ein wenig durchschnaufen bei Berlins führendem Fußball-Unternehmen. Am Sonntag hat Dardai seine Nationalspieler in die Länderspielpause entlassen und allen anderen einen freien Tag genehmigt. „Ich habe die Anspannung bei meinen Spielern in der Kabine gesehen“, sagt der Coach, „jetzt haben wir erstmal ein bisschen Ruhe und keiner kann uns was.“

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass beim Abstiegskandidaten in Hamburg 45 Minuten lang wenig auf einen Erfolg der Gastmannschaft hindeutete. Nicht zum ersten Mal in dieser Saison befreiten sich die Berliner aber aus einer potenziell brenzligen Situation, als sie gefordert waren. „Wir sind wirklich nicht gut reingekommen, aber wenn man sich anschaut, wie wir nach der Pause aufgetreten sind, spricht das für die Moral der Mannschaft“, sagte Arne Maier, dem in Hamburg der erste Assist seiner noch jungen Bundesliga-Karriere gelang.

Bei allem Respekt vor Herthas Leistung sagte der Spielverlauf aber auch einiges über die Qualität des HSV im März 2018 aus: So sehr sich die Hamburger an ihrem Führungstreffer berauschten, so schnell und unvorhersehbar brachen sie nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich durch Valentino Lazaro ein. „Ich habe meiner Mannschaft in der Pause gesagt, dass der HSV Angst hat, dass sie das 1:0 nur über die Zeit retten wollen“, berichtete Dardai und ergänzte: „Ich kenne das ja noch aus der Zeit, als wir gegen den Abstieg gespielt haben.“

"Wir sind heute stabiler als vor ein, zwei Jahren", sagt Coach Dardai

Dardai sollte Recht behalten: Nach dem Seitenwechsel schaffte es der HSV nur ganz selten, sich aus der eigenen Hälfte zu befreien. „Wir haben den Gegner viel zu lange machen lassen und beim Gegentor geschlafen“, befand Valentino Lazaro, einer der besten im Berliner Trikot. „Danach haben wir viel früher attackiert und ein richtiges Feuerwerk abgebrannt.“ Vor allem profitierte Hertha von der sportlichen Klasse zweier älterer Herren: Salomon Kalou, 32, traf mit seinem ersten Ballkontakt zum Siegtor, und auch Vedad Ibisevic, 33, hielt die gegnerische Defensive in Schach, wenngleich ihm kein Treffer gelang. Mit all ihrer Erfahrung und Cleverness sind Kalou und Ibisevic Spielertypen, die dem HSV ganz offensichtlich fehlen. Bis zum Torabschluss sah es 45 Minuten lang ganz gut aus, was die Mannschaft von Trainer Christian Titz anzubieten wusste – im Abschluss dagegen zeigte der HSV, warum ihm in dieser Spielzeit in bislang 27 Begegnungen ganze 19 Tore gelungen sind.

„Vor zwei, drei Jahren hätten wir so ein Spiel noch verloren“, sagte Dardai, „heute sind wir viel stabiler als damals.“ Mit nunmehr 35 Punkten dürfen sich die Berliner in der Tabelle sogar wieder nach oben orientieren. „Ich will erstmal 40 Punkte haben, Platz zehn ist das Minimalziel“, sagt Dardai, „dann schauen wir weiter und können uns noch einmal unterhalten.“ Das nächste Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg am Osterwochenende nennt Dardai ein Schlüsselspiel. Bis dahin wird er einige Tage auf zahlreiche Stammspieler verzichten müssen, die mit ihren Nationalteams unterwegs sind. Am Mittwoch soll es ein Trainingsspiel mit Teilen aus der zweiten Mannschaft geben.

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