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Herthas Trainer Pal Dardai ist derzeit bester Laune.

© AFP

Nach dem 2:1-Sieg gegen Leverkusen: Hertha BSC weckt Erinnerungen an das Frühjahr 2009

Hertha BSC spielt in dieser Saison so stark, dass bei den Berlinern so viel möglich erscheint wie vor sieben Jahren.

Als Pal Dardai Samstagabend vor gut 2000 Gala-Gästen im Neuköllner Estrel Convention Center zum Trainer des Jahres ausgerufen wurde, entschuldigte er sein Nichterscheinen in einer kleinen Video-Botschaft. Die Fanclubs des Vereins hätten für diesen Tag ihre Weihnachtsfeiern vorgesehen, alle Funktionsträger von Hertha BSC seien darin verwickelt und daher leider unabkömmlich. Besten Dank für die Ehrung, sagte er noch im wackeligen Video und schloss mit den Worten: „Wir bleiben alle schön fleißig.“

Letzteres darf inzwischen auch außerhalb der Grenzen Berlins als Drohung verstanden werden. Pal Dardais Mannschaft hat sich mit dem Sieg über Bayer Leverkusen den Champions-League-Platz vier gekrallt. Selbst eingefleischte Hertha-Fans fragen sich, wo das noch hinführen soll? Für Herthas Manager Michael Preetz ist das alles nur eine „Momentaufnahme“ – wenngleich „eine schöne“. Doch was ist, wenn der Moment von Dauer wird, wenn daraus Ernst wird?

Ist es das nicht schon? 26 Punkte, Platz vier nach 15 Spieltagen der Saison. Die Hälfte der Spielzeit ist beinahe ausgespielt. Bis Weihnachten fehlen noch zwei Spieltage mit Duellen gegen durchaus schlagbare Gegner wie beim Aufsteiger Darmstadt und daheim gegen Mainz. Es ist durchaus möglich, dass Hertha am Ende der Hinrunde bei 30 Punkten plus x rauskommt und damit Erinnerungen an jene Zeiten weckt, als die Berliner unter Trainer Lucien Favre das Establishment des deutschen Fußballs durcheinanderwirbelten. In der Saison 2008/09 hatte Hertha nach 15 Spieltagen 30 Punkte, übrigens bei einem ganz ähnlichen Torverhältnis (23:19) wie heute (20:18). Die Hinrunde hatte Hertha damals auf Platz drei beendet. Die Berliner spielte bis weit ins Frühjahr hinein sogar um die ersten drei Plätze mit. Erst ganz am Ende verspielte Hertha mit Platz vier die Teilnahme Champions League. Heute würde dieser Platz dafür reichen.

Aber selbst die Spieler trauen den Parallelen nicht. „Die Runde ist noch lang“, sagt etwa Linksverteidiger Marvin Plattenhardt: „Da haben wir noch ein bisschen Zeit.“ Bemerkenswert allerdings ist, dass die aktuelle Hertha nach jeder ihre fünf Saisonniederlage mit einem Sieg geantwortet hat. Wie jetzt: Dem 0:2 bei den Bayern vor einer Woche folgte das nun das 2:1 gegen Bayer. „Schön, dass wir es gleich wieder korrigieren konnten. So kommen wir nicht in einen Negativtrend rein“, sagt Kapitän Fabian Lustenberger.

Der Schweizer war seinerzeit dabei, als Hertha unter seinem Landmann Favre für Furore sorgte. Er hat aber auch den Absturz in den Jahren danach erlebt, mit zwei Abstiegen. Zuletzt hatte Hertha als Aufsteiger in die Bundesligasaison 2013/14 unter Trainer Jos Luhukay mit Platz sechs (28 Punkte) eine famose Hinrunde hingelegt. Doch dieselbe Mannschaft brach in der Rückrunde (nur 13 Punkte, Platz 17) ein. Zusammen ergab das Platz elf. Vorsicht ist nicht die schlechteste Voraussetzung. Noch bleibt es offiziell beim Saisonziel 40 Punkte, die einen sicheren Verbleib in der Liga bedeuten würden. Nach oben hin sind Ziele dann immer noch einfach korrigierbar, jedenfalls einfacher als die Spiele in der Rückrunde gegen Mannschaften wie Augsburg, Stuttgart, Köln oder Hamburg siegreich zu gestalten, wie es Hertha in der Hinrunde gelang.

Die Berliner, denen viele Experten eine komplizierte Spielrunde vorausgesagt hatten, spielten zum Saisonstart unbefangen darauflos, sie konnten nur gewinnen. Und mit den ersten Siegen wuchsen Vertrauen und Zutrauen. Aber nach einer erfolgreichen Hinrunde und einer kurzen Spielpause kommt in der Rückrunde die Last dazu, etwas verlieren zu können. Hier muss sich zeigen, wie widerstandsfähig, wie stabil das neue Hertha-Gebilde ist. Für den Moment ist vieles gut bei Hertha. Die Mannschaft ist ausbalanciert, sie hat klare Handlungsstrategien, sie kann taktisch variieren und unterliegt keinen großen Schwankungen. Sie wirkt mental wie körperlich belastbar. Es ist ein aufwändiges Spiel, das sie betreibt, mit Wachsamkeit und Einsatzbereitschaft. Das alles hat sich die Mannschaft unter Pal Dardai erarbeitet. Und er wird auch penibel darauf achten, dass es so bleibt. Wie gesagt, immer schön fleißig bleiben.

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