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Schwieriger Patient. Mario Gomez versucht, seinen Mitspieler Philipp Lahm nach dem Schlusspfiff in Köln wieder aufzurichten.

© AFP

Nach dem 2:3 in Köln: Der FC Bayern rätselt

Umsturz in der Umkleide: Wie die Münchner erneut ein Spiel aus der Hand geben konnten. Selbst Trainer van Gaal erlaubt sich einen Hauch von Selbstkritik

Was in der Umkleidekabine geschieht, gehört zu den am besten gehüteten Geheimnissen im Profifußball. Spätestens nach dem 3:2 (0:2) des 1. FC Köln gegen den FC Bayern München wird die geheimnisvolle Magie, die der Umkleidekabine innewohnt, noch mehr Anlass für Mythenbildung und Spekulationen geben.

Denn am Samstagnachmittag in der Halbzeitpause war in den Katakomben des Kölner Stadions etwas geschehen, das nur Insider beschreiben können. Auf der einen Seite waren da die Kölner: Trotz eines 0:2-Rückstands nach Treffern von Mario Gomez und Hamit Altintop sowie einer enttäuschenden Leistung kamen sie mit der Überzeugung zurück auf das Spielfeld, diese Partie noch drehen zu können. Auf der anderen Seite waren da die Münchner, die nach einem überzeugenden Spiel in den 15 Minuten offenbar vollständig ihr Selbstvertrauen verloren. „Wir sind wie Schlaftabletten aus der Kabine gekommen. So machen wir uns die ganze Saison kaputt. Wenn wir die Chancen so liegen lassen, dann müssen wir eher über Abstiegskampf reden als über eine Aufholjagd“, sagte Nationalspieler Thomas Müller, der einer der wenigen Münchner war, der sich über den erneuten Absturz äußern wollte. Fast alle seiner Kollegen stülpten eine Kapuze über den Kopf und verließen fluchtartig das Stadion.

Wieder einmal hatten die Bayern eine Führung leichtfertig verspielt. Wie in dieser Saison bereits gegen Leverkusen (1:1), Wolfsburg (1:1) und Gladbach (3:3) sowie in der Champions League gegen den AS Rom (2:3 nach 2:0). „Es ist unglaublich, dass wir wieder, und zwar schon zum vierten oder fünften Mal, ein Spiel weggeben“, sagte Bayern-Trainer Louis van Gaal. Gegen die Kölner wurde deutlich, weshalb die Münchner häufig große Probleme bekommen. In der Viererabwehrkette strahlt allein Philipp Lahm Souveränität aus. Weder die Innenverteidiger Anatolij Timoschtschuk und Holger Badstuber, der einen rabenschwarzen Tag hatte, noch der eigentliche Mittelfeldspieler Luiz Gustavo als linker Verteidiger konnten überzeugen. Auch, weil sie gegen die flinken Rheinländer Schnelligkeitsdefizite hatten. Gerade Holger Badstuber kam häufig zu spät im Zweikampf und hatte im Laufduell gegen Milivoje Novakovic – vor allem als der slowenische Angreifer das 3:2 erzielte – klare Nachteile. Zuvor hatten Christian Clemens und Novakovic für die Kölner getroffen. Auch Thomas Kraft im Tor wirkt zuweilen fahrig. Sogar Bastian Schweinsteiger fühlt sich sichtlich unwohl auf der Position hinter den Spitzen und wäre wohl besser auf der Position direkt vor der Abwehr aufgehoben.

Trotz aller individuellen Qualitäten fehlt den Bayern ohne Arjen Robben und Franck Ribéry ein Überraschungsmoment in ihrem meist dominanten, aber auch wenig temporeichen Spiel. So geraten die Münchner zunehmend in die Gefahr, ihr Minimalziel, das Erreichen der Champions League, zu verpassen. „Die Dortmunder müssen sich ja langsam totlachen. Die spielen Unentschieden und machen einen Punkt gut. So werden wir unsere Ziele nicht erreichen. Das war grob fahrlässig“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge.

Präsident Uli Hoeneß, der in einem Interview vor rund zwei Wochen noch angedeutet hatte, dass er handeln werde, sollte er die Teilnahme an der höchsten europäischen Spielklasse als gefährdet ansehen, verließ wortlos das Stadion, was kein gutes Zeichen war. Und so gerät Trainer Louis van Gaal zunehmend unter Druck. Vielleicht äußerte der als stur und uneinsichtig geltende Holländer deshalb auch einen Hauch von Selbstkritik. „Wahrscheinlich war es auch ein Fehler von mir, wie ich die Besprechung mache. Ich habe sie im souveränen Ton gemacht. Darüber muss ich vielleicht nachdenken“, sagte van Gaal über seine Arbeit in der Halbzeitpause. Ansonsten machte er die mangelnde Konzentration seiner Spieler für die erneute Pleite, die mittlerweile fünfte in dieser Saison, verantwortlich. „Es liegt an uns selbst, nicht am Gegner. Es ist unsere eigene Schuld“, sagte van Gaal. Es ist allerdings fraglich, ob er sich bei dieser Analyse auch selbst einbezogen hatte.

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