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Joachim Löw.

© Reuters

Nach dem 2:4 gegen Argentinien: Joachim Löw hat keine Angst vor einem EM-Fehlstart

Die erste Niederlage nach 18 Spielen stürzt Joachim Löw nicht in Sorge. Der Bundestrainer fordert mehr Geduld für seine jungen Nationalspieler und kritisiert Pfiffe gegen Mario Gomez.

Jetzt ist der WM-Triumph von Rio wirklich ruhmreiche Geschichte. Am Tag nach den letzten Feierlichkeiten in Düsseldorf musste Joachim Löw - wie so oft in den emotionalen Tagen von Brasilien - schon wieder als Notfall-Manager ran. „Ich brauche auf der einen oder anderen Position noch Alternativen“, sagte der Bundestrainer und sondierte die begrenzten Möglichkeiten für sofort wirksame Nachnominierungen vor dem wichtigen Start in die
EM-Qualifikation gegen Schottland. Drei Leistungsträger sind zurückgetreten, sechs weitere Weltmeister plagen sich mit Verletzungen. Nur beim Münchner Jerome Boateng besteht noch Hoffnung auf eine rechtzeitige Gesundung für die noch nicht ausverkaufte Partie am Sonntag (20.45 Uhr, live bei RTL) in Dortmund.

Mit seiner jungen Verlegenheitself, die sich bei der Neuauflage des WM-Endspiels gegen eingespieltere Argentinier mit einem überragenden Angel Di María als zu unreif und uneffektiv erwies, übte Löw Nachsicht. „Es war schon schwierig. Viele haben gefehlt. Wir hatten nur zwei Tage Zeit“, sagte der 54-jährige Freiburger auf. Seine Spieler bewerteten die 2:4-Lektion vor mehr als zehn Millionen TV-Zuschauern gegen die auch ohne Lionel Messi starken Gauchos als „Warnschuss“, wie Manuel Neuer sagte. „Es wird auf jeden Fall ein Wachrüttler sein, dass wir gegen Schottland in die Gänge kommen“, ergänzte der Ersatzkapitän.

„Wir haben die Fehler des Gegners nicht ausgenutzt, sie haben es getan. Das hilft uns schon für Sonntag zu sehen, hey, die WM ist jetzt zu Ende, die Quali geht wieder bei Null los“, sagte der glücklose Rückkehrer Mario Gomez. Der 29 Jahre alte Stürmer, der die WM verpasst und nach über einem Jahr wieder ein Länderspiel bestritten hatte, vergab drei Top-Möglichkeiten und wurde von einem Teil der 51.132 Zuschauer zum Sündenbock auserkoren. Löw verurteilte dies als unfair. Denn die naive Abwehrarbeit der Dortmunder Auswahl-Azubis Erik Durm, Matthias Ginter und Kevin Großkreutz sowie die Zurückhaltung prominenterer Weltmeister hatten mindestens genauso zur harten Bauchlandung beigetragen. „Grundsätzlich geht es einfach nicht, dass ein Spieler der deutschen Nationalmannschaft ausgepfiffen wird, nur weil er die eine oder andere Chance liegengelassen hat“, sagte Löw. „Darauf dürfen wir nicht reagieren. Die Zuschauer sind Besseres gewöhnt von einem Weltmeister“, bemerkte der Dortmunder Marco Reus. Der nach seiner kurz vor WM-Start erlittenen Verletzung zurückkehrte. André Schürrle (52.) und WM-Finaltorschütze Mario Götze (78.) grenzten mit ihren Toren den Schaden ein, nachdem es durch Tore von Agüero, Erik Lamela, Federico Fernández und Di María schon bedrohlich 0:4 gestanden hatte.

Für Löw ist die Situation „nicht so einfach“

„Ich weiß das als Trainer richtig gut einzuschätzen, dass er nicht in Topform sein kann“, sagte Löw zu Gomez. Das trifft auch auf viele andere Akteure zu. Für Löw ist die Situation „nicht so einfach“. Nach den WM-Strapazen und der kurzen Saisonvorbereitung kann er im Training kaum Akzente setzten: „Da muss man aufpassen.“ Julian Draxler musste schon nach einer halben Stunde mit einer Oberschenkelzerrung vom Platz. Der Schalker wird gegen die Schotten ebenso fehlen wie Mesut Özil (Knöchel). Auch bei Mats Hummels „sieht es nicht gerade gut aus“, berichtete Löw. Der neue Kapitän Bastian Schweinsteiger, Sami Khedira und Shkodran Mustafi stehen ohnehin nicht zur Verfügung. Die bei einer internen Feier nach dem Spiel nochmals geehrten Philipp Lahm, Miroslav Klose und Per Mertesacker hinterlassen eine nicht rasch zu schließende Lücke.

„Wir brauchen ein bisschen Geduld und Zeit“, mahnte Löw. Man könne aber nicht erwarten, dass die Talente „die Etablierten so einfach ersetzen können. Unser Ziel heißt, sie in den nächsten zwei Jahren heranzuführen.“ 2016 in Frankreich ist das Finale das Ziel. Trotz der ersten Niederlage nach 18 ungeschlagenen Spielen ist Löw vor dem Qualifikations-Start nicht bange. „Ich mache mir keine Sorgen“, sagte der Bundestrainer zum Schottland-Spiel. Er wird ein anderes Startteam mit den Münchnern Müller, Götze und wohl auch Boateng aufbieten können. Und die Schotten sind wahrlich nicht mit dem Weltranglisten-Zweiten zu vergleichen. „Argentinien liegt in üdamerika, nicht in Europa“, bemerkte Torwart Manuel Neuer. Löw muss aber die Defensive stabilisieren. „Wir haben hinten keine gute Organisation gehabt und schlecht verteidigt in den wichtigen Situationen“, rügte Neuer. „Wir waren ineffizienter“, benannte Toni Kroos das zweite große Manko. „Dass es in einem auf dem Platz gefühlt ausgeglichenen Spiel zwischendurch 0:4 steht, hat mich gewundert“, sagte der neue Star von Real Madrid. Der Weltmeister beruhigte aber: „Niemand muss uns wachrütteln!“ (dpa)

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