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Erfolgsdoppel. Tolga Cigerci (rechts) belebte Herthas Spiel mit Pässen, Adrian Ramos erzielte Tore.

© dpa

Nach dem 3:0 beim HSV: Hertha ist wieder in Schuss

Der Erfolg beim Hamburger SV hat gezeigt, dass Hertha BSC auch im neuen Jahr gewinnen kann. Doch mehr als der Sieg zählt für die Berliner die zurückgewonnene Selbstgewissheit.

Am Sonntagvormittag blinzelte Jos Luhukay der Sonne entgegen, auch sonst hatte Herthas Trainer vergnügliche Laune. „Es war ein gelungenes Auswärtsspiel“, sagte der Niederländer am Tag nach dem 3:0 beim desolaten Hamburger SV. Nach zwei unglücklichen Niederlagen zum Rückrundenstart, bei denen die Berliner selbst – bei aller berechtigter Schiedsrichterkritik – nicht gut waren, beruhigt der erste Sieg im neuen Jahr die Gemüter. Von der Tabellensituation her hätte man den Sieg nicht unbedingt gebraucht, aber der Erfolg bringt jene Portion Selbstgewissheit zurück, die die Mannschaft so formidabel durch die Hinrunde getragen hatte. „Intern hatten wir nie Zweifel“, sagte Luhukay, aber es sei nun gut, „dass wir uns als Mannschaft zurückgemeldet haben.“

Die Botschaft wirkte nach außen, vor allem aber auch nach innen. Johannes van den Bergh, den Luhukay von der linken Abwehrposition ins linke Mittelfeld vorgezogen hatte, sagte, was viele seiner Mitspieler nach dem Auftritt in Hamburg dachten: „Der Sieg war wichtig, um nicht in einen Abwärtstrend zu kommen.“ Per Skjelbred, der emsige Leihspieler aus Hamburg, verpasste der allgemeinen Stimmung einen positiven Dreh: „Wir sind wieder da, wo wir sein wollen.“

Tatsächlich konnte Hertha durch den vierten Auswärtssieg der Saison auf Platz sieben der Tabelle klettern. Doch wichtiger ist, dass die Mannschaft sich eine positive Rückmeldung holte. Der früh verschossene Elfmeter durch Adrian Ramos warf das Team eben nicht zurück. Direkt im Anschluss konnte Hertha nach einer Ramos-Vorlage durch Sami Allagui in Führung gehen. Noch in der ersten Halbzeit legte Ramos zwei Tore nach, das Spiel war gelaufen.

Voraussetzung dafür war, dass einige Schlüsselspieler wieder jenes Leistungsniveau erreicht haben, das sie in der Hinrunde gezeigt hatten. „Dadurch war die Mannschaft stark. Wir hatten keine Schwachstelle im Spiel. Plötzlich war wieder die Leichtigkeit da, die die Mannschaft in einen guten Spielfluss gebracht hat“, sagte Luhukay. Dass Hertha in Hamburg einen Gegner vorgefunden hatte, bei dem nach dem 0:1-Rückstand die pure Angst um sich griff, soll die allgemeine Leistungssteigerung der Berliner nicht schmälern.

Und wieder einmal kam der entscheidende Impuls von außen. Luhukay hatte wesentliche Veränderungen vorgenommen. Für den verletzten Kapitän Fabian Lustenberger rückte Lewan Kobiaschwili in die Innenverteidigung. Wie schon beim Auswärtssieg am letzten Spieltag der Hinrunde in Dortmund bestach der Georgier mit seinem guten Stellungsspiel und seiner Ruhe am Ball. Erst am Spieltag hatte Luhukay seinen ältesten Spieler zur Seite genommen und ihm mitgeteilt, dass er spiele. „Und ich habe ihn gefragt, ob er auch die Binde tragen wolle“, erzählte Luhukay. Kobiaschwili habe geantwortet: „Trainer, wenn Sie keinen anderen sehen, tue ich das gern.“

Zudem war die Versetzung von Linksverteidiger Johannes van den Bergh ins linke Mittelfeld eine ungewohnte Maßnahme. Luhukay aber hatte sich für die defensivere Variante entschieden, weil der HSV gern über seine rechte Seite Druck aufbaute. „Außerdem hatte Johannes zuletzt bei mir in Mönchengladbach auf dieser Position gespielt“, sagte der Trainer. Die freie Position auf links in der Abwehr übernahm der gelernte Rechtsverteidiger Peter Pekarik, den Luhukay als Herthas Philipp Lahm sieht. „Er ist ein Teamspieler, wie man es sich wünscht. Er ist flexibel einsetzbar.“ Den größten Einfluss aber hatte das Comeback Tolga Cigercis, der wegen Problemen an der Achillessehne zwei Spiele verpasst hatte. „Er tat uns mehr als gut“, sagte Luhukay, „mit seinem Passspiel hat er unser Spiel nach vorn belebt.“ Er war neben Adrian Ramos der auffälligste Spieler auf dem Platz. „Tja, und Adrian, er macht für uns die wichtigen Tore“, sagte Luhukay.

Dass das natürlich Begehrlichkeiten anderer Vereine wecke und Gerüchte sprießen, kann Herthas Trainer nicht ändern. Neben Dortmund buhlt nun auch wieder Atletico Madrid um den Führenden der Torschützenliste (14 Treffer) mit. Von zehn Millionen Euro Ablöse ist die Rede. „Noch ist es nicht so weit“, sagte Luhukay. Dass er nach Alternativen Ausschau halte, sei das Normalste der Welt. „Sonst hätte ich wohl den Beruf verfehlt. Man muss immer eine Schattenmannschaft haben.“

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