zum Hauptinhalt
Da geht's lang: Hansi Flick bringt den FC Bayern nach oben.

© Manu Fernandez/REUTERS

Nach dem 8:2 gegen Barcelona: Unter Hansi Flick darf der FC Bayern wieder FC Bayern sein

Im Herbst 2019 verlieren die Bayern 1:5 gegen Frankfurt. Neun Monate später spielen sie Barcelona an die Wand. Der Unterschied ist der Trainer. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stefan Hermanns

Am Tag danach weiß man gar nicht, was man eigentlich surrealer, wahnwitziger, unglaublicher finden soll: Dass der FC Bayern München im Viertelfinale der Champions League mal eben den großen FC Barcelona mit 8:2 abgefertigt hat (auch wenn sich auf fast schon dramatische Weise gezeigt hat, dass der FC Barcelona in Wirklichkeit gar nicht mehr so besonders groß ist)? Oder dass wirklich erst neun Monate vergangen sind, seitdem die gleichen Bayern ihr Bundesligaspiel gegen Eintracht Frankfurt mit 1:5 verloren haben?

Als vor ziemlich genau einem Jahr die Saison 2019/20 begann, die erst am Sonntag nächste Woche mit dem Finale der Champions League zu Ende gehen wird, sahen sich die Bayern mit einigen Zweifeln konfrontiert. Es gab damals durchaus berechtigte Hoffnungen, dass sie ausnahmsweise einmal nicht alles nach Belieben dominieren würden. Der Kader schien überaltert und ein wenig zu satt, der Umbruch noch nicht bewältigt, die Transferpolitik nicht restlos überzeugend.

[Jetzt noch mehr wissen: Mit Tagesspiegel Plus können Sie viele weitere spannende Geschichten, Service- und Hintergrundberichte lesen. 30 Tage kostenlos ausprobieren: Hier erfahren Sie mehr und hier kommen Sie direkt zu allen Artikeln.]

Am Ende dieser in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Spielzeit aber könnte für die Bayern nun der absolute Hauptgewinn stehen, das erste Triple seit 2013, das zweite überhaupt in der Geschichte des Vereins. Und hegt jemand nach dem Auftritt gegen den FC Barcelona, nach dem 19. Pflichtspielsieg hintereinander, wirklich noch ernsthafte Zweifel daran?

Das Sonderbare ist: Wenn man den FC Bayern aus dem November 2019 mit dem FC Bayern aus dem August 2020 vergleicht, wird man (neben dem unbedeutenden Winterzugang Alvaro Odriozola) nur einen Unterschied feststellen. Aber eben der ist der entscheidende: Der Trainer der Münchner heißt nicht mehr Niko Kovac – er heißt jetzt Hansi Flick.

Flick war ganz sicher nicht der Trainer, von dem die Bayern immer schon geträumt haben. Im Gegenteil. In den ersten Wochen seiner Tätigkeit galt er eher als Not- und Interimslösung, wurde eigentlich als der perfekte Assistent gesehen, zumal er zuvor als Cheftrainer nicht über die Regionalliga hinausgekommen war.

Unter Flick tritt der FC Bayern seit Monaten beängstigend stabil auf

Natürlich hat Flick davon profitiert, dass er der Mann nach Kovac war, mit dem die Spieler mehr und mehr gefremdelt hatten. Aber an der menschlichen Art des Cheftrainers allein kann es nicht liegen, dass die Mannschaft seit Wochen und Monaten beängstigend stabil auftritt – und es wird Flick auch nicht gerecht. Ein Auftritt wie gegen Barcelona lässt sich nicht durch gutes Zureden erklären. Dahinter steckt ein gemeinsamer Plan, für den letztlich der Trainer verantwortlich ist.

Der Dirigent: Hansi Flick macht bei den Bayern die Ansagen.
Der Dirigent: Hansi Flick macht bei den Bayern die Ansagen.

© Manu Fernandez/dpa

Nach dem Erfolg gegen den FC Barcelona empfiehlt sich umso mehr ein Blick zurück. Ein Blick auf das letzte Duell, das Niko Kovac mit den Bayern auf diesem Niveau hat bestreiten dürfen. Im Spätwinter 2019 traf seine Mannschaft im Achtelfinale der Champions League auf den FC Liverpool. An der gefürchteten Anfield Road erkämpften sich die Münchner zwar ein achtbares 0:0, letztlich aber waren sie ohne echte Chance gegen den späteren Sieger des Wettbewerbs und schieden – nach einem 1:3 zu Hause – vollkommen berechtigt aus der Champions League aus.

[Wenn Sie die wichtigsten Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Auch Kovac hatte einen Plan: Gegen die Wucht der Engländer probierte er es mit einer bedingungslosen Defensive. Hinterher behauptete er, gegen Liverpools Qualität habe es gar keine andere Möglichkeit gegeben, als genau so zu spielen. Man könnte auch sagen: Kovac, der selbst für den Verein gespielt hat, hat die Bayern nicht verstanden. Anders als Hansi Flick.

Auch wenn der FC Barcelona 2020 nicht mehr der FC Barcelona von 2009 ist und erst recht nicht der FC Liverpool von 2019: Flick hatte einen Plan, der das genaue Gegenteil von dem war, was Kovac vor einem Jahr vorhatte. Flick wählte die ultraoffensive Variante, ließ seine Mannschaft so hoch und aggressiv pressen, wie es Barcelona vermutlich selten erlebt hat.

Der FC Bayern hat sich in diesem großen Spiel nicht kleingemacht. Der FC Bayern hat wieder der FC Bayern sein dürfen. Dass die Mannschaft sich das auch und vor allem in den großen Spielen zutraut, das ist das Werk ihres Trainers Hansi Flick, das Resultat seiner Arbeit.

Zur Startseite