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Kopflos. Evgeni Pevnov und seinen Mitspielern von den Füchsen Berlin ging in der entscheidenden Phase gegen Atletico Madrid etwas die Übersicht verloren.

© dpa

Nach dem Aus in der Champions League: Füchse Berlin: Warum ärgern?

Nach dem bitteren Aus in der Champions League gegen Atletico Madrid verzichten die Spieler der Füchse auf Schuldzuweisungen.

Womöglich war er auf der Suche nach dem Hauptstromkabel für die Anzeigetafel. Um es höchstselbst zu zerbeißen. Vielleicht fahndete er auch nur nach einem Werbebanner, das gerade schief geschaut oder einen schlechten Witz gerissen hatte. Und wahrscheinlich musste sogar ganz altmodisch irgendeine Tür als Ventil für den Frustabbau herhalten. Dagur Sigurdsson brauchte zunächst jedenfalls ein bisschen Zeit für sich selbst. Als die letzten Sekunden im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League zwischen den Füchsen Berlin und Atletico Madrid von der Uhr tickten, war der Trainer des Handball-Bundesligisten bereits wütend aus der Halle gestürmt. Mit dem spielentscheidenden Pfostenwurf von Bartlomiej Jaszka kurz vor Schluss konfrontiert, sagte Sigurdsson später: „Abgesprochen war es so zwar nicht, aber Baba hat einen guten Wurf genommen.“ Kein Vorwurf also.

Das passte zum allgemeinen Tenor nach der 26:27-Niederlage der Berliner gegen den spanischen Spitzenklub (Hinspiel: 29:29) und dem damit verbundenen Aus im Europapokal: Natürlich war die Enttäuschung im Lager der Füchse groß, aber so richtig sauer konnten sie aufeinander nicht sein. „Warum auch?“, fragte Kapitän Torsten Laen. „Wir haben gegen eine der besten Mannschaften des Vereinshandballs verloren – und es war so knapp.“ Am Ende fehlte ein Tor.

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch die Stärke der Madrilenen

Was, wenn Ivan Nincevic den Siebenmeter beim Stand von 0:0 trifft? Wenn Petr Stochl im Tor einen Ball mehr entschärft? Oder eben Jaszka am Ende fünf Zentimeter weiter nach links wirft? Andererseits: Hatte Atletico nicht auch zwei Strafwürfe vergeben? Und zwei Pfostentreffer? „Handball ist so ein schneller Sport, da darf man im Nachhinein nicht über diesen oder jenen Wurf nachdenken“, sagte Laen. „Deshalb werden wir jetzt keine Schuldzuweisungen machen.“ Selbstkritisch räumte der Däne allerdings auch ein: „In der zweiten Halbzeit waren wir nicht clever genug.“ Nach jenem 6:2-Lauf zwischen der 30. und 40. Minute zum Beispiel, als der Vorsprung drei Tore betrug (19:16) und die Stimmung in der Halle ihren Höhepunkt erreichte. „Da haben wir es versäumt, noch ein paar Tore draufzulegen“, sagte Laen.

Zur ganzen Wahrheit gehörte aber auch die Stärke der Madrilenen. Cool und abgeklärt traten sie auf, von der aufgeheizten Atmosphäre in der Halle ließen sich die Spanier nicht beeindrucken. Die Zuschauer verursachten wieder gewaltig Lärm, obwohl sich die Herangehensweise des Publikums geändert hatte. Im Gegensatz zum Vorjahr, als die Füchse im Viertelfinal-Rückspiel gegen Leon einem Elf-Tore-Rückstand hinterherliefen und nur gewinnen konnten, erwarteten die meisten der 9000 Zuschauer in der Halle praktisch einen Sieg. Zudem profitierten die Spanier von der Breite ihres Aufgebots, insbesondere auf den Schlüsselpositionen im Rückraum konnte Trainer Talant Duschebajew permanent durchwechseln.

Die Berliner wiederum kennen dieses Problem aus dem Vorjahr: Ihr Gesamtkader genügt höchsten internationalen Ansprüchen nur bedingt. Wenn Leistungsträger wie Sven-Sören Christophersen einen gebrauchten Tag erwischen wie am Sonntag, gerät das Gesamtkonstrukt trotz aller individueller Klasse von Iker Romero, Bartlomiej Jaszka oder Silvio Heinevetter ins Wanken. Christophersen war anzumerken, dass er seit Wochen eine Knieverletzung mit sich herumschleppt, er erzielte gegen Madrid keinen einzigen Treffer. Insofern war es überraschend, dass die Berliner überhaupt bis kurz vor Schluss die Chance auf den Viertelfinal-Einzug besaßen.

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