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Rein mit Applaus. Ondrej Duda hat bisher in jedem Pflichtspiel der Saison für Hertha BSC auf dem Platz gestanden - und wurde noch kein einziges Mal ausgewechselt.

© dpa

Nach dem Auswärtssieg bei Schalke 04: Ondrej Duda: Vertrauen macht besser

Nach zwei durchwachsenen Jahren zeigt Ondrej Duda, wie wertvoll er für Hertha BSC sein kann - nicht nur wegen seiner zwei Treffer gegen Schalke.

Ganz zum Schluss hielt die Dienstreise nach Gelsenkirchen noch eine wichtige Erkenntnis für Hertha BSC bereit. Salomon Kalou, der Offensivspieler des Berliner Fußball-Bundesligisten, mag über viele Talente verfügen. Seit Sonntagabend aber weiß man: Singen gehört definitiv nicht zu seinen herausragenden Begabungen. Den Ivorer hat das trotzdem nicht davon abgehalten, vor laufender Handykamera ein Beispiel für seine nicht vorhandene Sangeskunst abzuliefern. „He scores, when he wants“, grölte er, quer zur Melodie von Guantanamera, als Ondrej Duda nach dem 2:0-Erfolg beim FC Schalke 04 in Herthas Kabine erschien.

Der Slowake hätte ohne Frage einen etwas geschliffeneren Vortrag verdient gehabt. Duda, 23 Jahre alt, war nicht nur bester Spieler auf dem Platz, er hatte auch seine bisher stärkste Leistung für Hertha BSC gezeigt. Innerhalb von 90 Minuten gelangen ihm doppelt so viele Tore wie in den 20 Bundesligaspielen zuvor. Duda wusste nicht, ob er überhaupt schon mal zwei Tore in einem Spiel erzielt hatte, er konnte sich zumindest nicht daran erinnern. „Das ist wichtig für mich“, sagte er. Das 2:0 erzielte er in der sechsten Minute der Nachspielzeit mit einem geschmeidigen Freistoß genau in den Winkel. Noch wichtiger aber war für Herthas Trainer Pal Dardai die Erkenntnis, dass der offensive Mittelfeldspieler, der in der Mannschaft den Spitznamen „Nummer 10“ hat, nicht nur Kunst kann; er betätigte sich gegen die Schalker auch erfolgreich als Kämpfer. Dardai hatte den perfekten Draufblick, als Duda Mitte der zweiten Halbzeit dem Schalker Jewgen Konopljanka hinterherjagte und ihm mit einem perfekten Sliding Tackling an der Seitenlinie den Ball abjagte. „Zwei, drei Mal hat er richtig gute Zweikämpfe geführt“, sagte Herthas Trainer. „Dickes Lob.“

Bislang war Duda eher Mitläufer als Anführer

Seit etwas mehr als zwei Jahren steht Duda bei Hertha unter Vertrag, Dardai selbst hat ihn bei der Europameisterschaft in Frankreich entdeckt. Knapp viereinhalb Millionen Euro haben die Berliner 2016 für den offensiven Mittelfeldspieler an Legia Warschau überwiesen. Doch die erste Saison verpasste Duda fast durchgängig wegen einer Verletzung, in der zweiten war er allenfalls ein Mitläufer. „Ich glaube, er hat sich ein bisschen einsam gefühlt“, sagte Dardai. Als Duda in diesem Sommer von Herthas Trainer zum Gespräch gebeten wurde, musste er mit dem Schlimmsten rechnen. Doch statt der Empfehlung, sich künftig bei einem anderen Verein an einem anderen Ort zu versuchen, sprach Herthas Trainer ihm das Vertrauen aus: Man glaube an ihn und gebe ihm eine zweite Chance. Dass die Berliner darauf verzichteten, einen offensiven Mittelfeldspieler zu verpflichten, untermauerte diese Aussagen. „Für einen Spieler ist es schwierig, wenn er kein Vertrauen spürt. Mal habe ich gespielt, mal nicht“, sagte Duda im Rückblick auf die vergangene Saison.

Das kann er nun nicht mehr behaupten: Duda stand in allen drei Pflichtspielen dieser Saison in der Startelf, und er blieb in allen jeweils bis zum Schlusspfiff auf dem Platz. Zuvor hatte er für Hertha lediglich in zwei Begegnungen der Europa League 90 Minuten auf dem Feld gestanden. „Ich bin bereit für 90 Minuten“, sagte Duda.

Nach den Erfahrungen aus den ersten beiden Jahren bei Hertha kämpft der Slowake immer noch gegen den Ruf an, zu leicht für die Bundesliga zu sein. Gegen Schalke hatte er die nötige Schwere in seinem Spiel. Das lag auch an dem Spezialauftrag, mit dem Dardai ihn aufs Feld geschickt hatte. „Der Trainer hat eine gute Taktik gewählt“, sagte Duda, der sich liebevoll um Schalkes Sechser Sebastian Rudy kümmern und ihm nicht von der Seite weichen sollte. „Das hat er überragend gemacht, auch bei der Rückwärtsbewegung“, sagte der Ungar. Duda erfüllte seine Aufgabe so hingebungsvoll, dass Rudy schon Mitte der ersten Hälfte zur Seitenlinie eilte, um bei seinem Trainer Domenico Tedesco Klage einzureichen: „Wenn ich zur Toilette gehe, kommt er mit.“

"Die Taktik war perfekt auf ihn zugeschnitten"

Die ungewohnte Rolle half Duda. Sie gab ihm die nötige Orientierung. „Die Taktik war perfekt auf ihn zugeschnitten“, sagte Herthas Rechtsverteidiger Valentino Lazaro. Dudas Laufleistung (12,33 Kilometer) war die zweitbeste aller Spieler auf dem Feld, genauso seine 17 gewonnenen Zweikämpfe. 61 Prozent der Duelle entschied er für sich - für einen Offensivspieler ein sehr guter Wert. Denn trotz seines defensiven Eifers war er eben auch das: der Mann für die offensiven Momente. „Wir sehen im Training, dass er eine gute Technik hat und super schießen kann. Jetzt zeigt er das auch im Spiel“, sagte Torhüter Rune Jarstein. „Das tut uns gut.“ So wie die Ballsicherheit, die Hertha dank Duda, dem jungen Arne Maier und dem Leihspieler Marko Grujic im zentralen Mittelfeld besaß. Das war neben den beiden Toren des Slowaken und Jarsteins beiden überragenden Paraden in der Nachspielzeit der Schlüssel für Herthas ersten Auswärtssieg in Gelsenkirchen sein dem 13. November 2004.

„Wir wissen, was er technisch kann“, sagte Dardai über Ondrej Duda. Auf dem Trainingsplatz hat der Slowake seine Fähigkeiten oft genug zu erkennen gegeben; am Sonntagabend nun fand er dafür erstmals auch ein größeres Publikum. An seiner Leistung gegen die Schalker wird Duda künftig gemessen werden. „Einfach dran bleiben. Weiter. Weiter“, riet ihm Dardai. „Du darfst nicht zufrieden sein.“

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