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Nach dem Finale: Frankreich rätselt über Zidane - Italiener feiern

Während ganz Frankreich über den ruppigen Abgang von Zinedine Zidane rätselt, haben Hunderttausende Italiener ihre Mannschaft in Rom.

Berlin - Nach der Niederlage gegen Italien im Finale der Fußball-Weltmeisterschaft trauert Frankreich und rätselt über den tragischen Abgang seines Superstars Zinédine Zidane. Staatspräsident Jacques Chirac nannte Zidane am Montag bei einem Empfang der Mannschaft einen «Mann mit Herz, Engagement und Überzeugung». Die französische Presse verurteilte Zidanes Kopfstoß gegen den italienischen Abwehrspieler Marco Materazzi dagegen als unrühmlich. Allseits wurde gerätselt, warum sich Zidane zu der Tat hinreißen ließ. Ein für Montag geplanter Auftritt der Nationalmannschaft auf dem Pariser Prachtboulevard Champs-Elysées wurde kurzfristig abgesagt. In Italien feierten auch am Montag Hunderttausende ihre siegreiche Mannschaft.

"Lieber Zinédine Zidane», sagte Chirac beim Empfang am Nachmittag im Garten des Elysée-Palasts an den Mittelfeldstar gerichtet. «Sie sind ein Virtuose, ein Fußballgenie und auch ein Mann mit Herz, Engagement und Überzeugung. Dafür bewundert und liebt Sie Frankreich.» Eine Fahrt der Mannschaft über die Champs-Elysées, die unabhängig vom Ausgang der WM geplant worden war, wurde abgesagt, wie ein Sprecher des französischen Fußballverbands mitteilte. Nach der Niederlage im Elfmeterschießen hatten nur wenige tausend Fans auf dem Boulevard gefeiert. Der Großteil der mehreren zehntausend Menschen tauchte nach dem Ende der Partie in die Metro ab, um den Heimweg anzutreten.

Zidane wurde auch von Nationaltrainer Raymond Domenech in Schutz genommen. «Wenn jemand 80 Minuten lang aushalten muss, was er aushalten musste, und der Schiedsrichter nichts tut, versteht man das», sagte er mit Blick auf die seiner Ansicht nach zu harte Bewachung seines unbestritten wichtigsten Spielers. Zidane wurde trotz der Tätlichkeit zum besten Spieler des Turniers gewählt. Viele Stimmen wurden aber wohl bereits vor der Kopfstoß-Szene abgegeben.

Auch der französische Ex-Nationaltrainer Michel Hidalgo, der Frankreich 1984 zur Europameisterschaft geführt hatte, hielt zu Zidane. «Wenn man den Menschen Zidane kennt, dann weiß man, dass es sehr grausame Worte erfordert, damit er so reagiert», sagte er. Chirac unterhielt sich nach dem Spiel lange mit Zidane in der Umkleidekabine, wie Frankreichs Sportminister Jean-François Lamour am Montag berichtete. Zidane sei «sehr, sehr mitgenommen» gewesen von der roten Karte. «Wir haben ihn furchtbar getroffen von dem erlebt, was passiert ist».

Die französische Sportzeitung «L'Equipe» bezeichnete den Kopfstoß dagegen als «dumm», «nicht wiedergutzumachen und schwer zu verzeihen». Das Blatt fragte den Star in seinem Leitartikel, wie die Tat den Millionen von Kindern zu erklären sei, deren Vorbild er weltweit geworden sei. Die Tageszeitung «Libération» sprach von einer «unverzeihlichen Rache», die den Abgang des Stars beschmutze. Zidane hatte angekündigt, nach der WM seine Karriere zu beenden.

Zidane und der Italiener Materazzi schwiegen weiter darüber, ob und was vor der Tätlichkeit des Franzosen vorgefallen war. Zidane ist nicht nur für seine elegante Spielweise, sondern auch für seine regelmäßig wiederkehrende Unbeherrschtheit auf dem Platz berühmt. In seiner Karriere wurde er bereits zwölf Mal vom Platz gestellt, unter anderem für eine Tätlichkeit in der Vorrunde des WM-Turniers 1998 im eigenen Land. Damals kehrte er nach seiner Sperre zurück und führte seine Mannschaft triumphal zum Weltmeistertitel.

In Italien feierten dagegen hunderttausende Menschen den Gewinn des Titels. Schon in der Nacht zum Montag bejubelten in Rom im Circo Massimo mehr als 150.000 Fans den Sieg. Ministerpräsident Romano Prodi wollte die Mannschaft am Montag gegen 19.30 Uhr offiziell in Rom willkommen heißen. Die Squadra Azzurra wollte anschließend in offenen Bussen durch die italienische Hauptstadt fahren. Die Ehren-Fliegerstaffel der Luftwaffe wollte dabei ein bisher nie gezeigtes Manöver darbieten, das sie «Berlin 2006» taufte, wie ein Sprecher sagte. (tso/AFP)

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