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Strippenzieher. Bernie Ecclestone kann sich nach dem Ende des Prozesses gegen ihn nun wieder seinem Kerngeschäft widmen.

© dpa

Nach dem Prozess gegen Ecclestone: Bernie ist dann mal wieder da

Nach der Einstellung des Bestechungsprozesses gegen den 83 Jahre alten Bernie Ecclestone in München kämpft der mächtigste Mann im Motorsport nun um sein Vermächtnis in der Formel 1. Das gefällt nicht allen Beteiligten.

Für Niki Lauda war es schon vor der Einstellung des Bestechungsprozesses gegen Bernie Ecclestone in München klar gewesen: „Wenn das so ausgeht, dann hat Bernie alles richtig gemacht.“ Für den Aufsichtsratsvorsitzenden des Formel-1-Teams von Mercedes wäre der Faktor, dass Ecclestone nach einer Verurteilung als Chef der Formel 1 hätte zurücktreten müssen, eine Katastrophe gewesen. Der 83 Jahre alte Brite sei schließlich der einzige, der da wirklich alles durchblicke und verstehe. So sprach Ecclestone nach seiner Einigung auch gleich: „Jetzt kann ich wieder tun, was ich am besten kann: die Formel 1 lenken.“

Bei Laudas Arbeitgeber Mercedes löste der Münchener Deal damit wohl einige Probleme – denn mit einem verurteilten Ecclestone hätte man eigentlich nach den eigenen Compliance-Richtlinien keine Sekunde länger mehr zusammen arbeiten dürfen, ohne in massive Schwierigkeiten zu geraten. Was hätte man schon tun sollen, jetzt, mitten in der großen Mercedes-Erfolgsserie, wäre Ecclestone nach einer möglichen Verurteilung nicht sofort von sich aus von allem Ämtern zurückgetreten oder von Formel-1-Rechtehalter CVC aus diesen entfernt worden?

Teams fürchten um ihre Attraktivität für Fans und Sponsoren

Das Problem hat sich nun von selbst erledigt. Bernie Ecclestone zahlte die Rekordsumme von 100 Millionen Dollar, umgerechnet 75 Millionen Euro, um sich nach Darstellung seines Anwalts Sven Thomas endlich wieder seinem Kerngeschäft widmen zu können. Doch darüber werden wohl nicht alle Rennställe so laut jubeln wie bei Mercedes Niki Lauda.

Weil Ecclestone bislang kein Interesse an einem tragfähigen Konzept für den Umgang mit den sozialen Netzwerken im Internet zeigte, fürchten viele Teams schon seit längerem um ihre Attraktivität für Fans und Sponsoren. Auch die Tatsache, dass Formel-1-Rennen in immer mehr „umstrittenen“ Ländern wie Bahrain, China, Russland oder in Zukunft auch Aserbaidschan stattfinden sollen, verbessert das Image der Formel 1 in der breiten Öffentlichkeit nicht unbedingt. Wutausbrüche auf entsprechende Medienfragen wie zuletzt von Red-Bull-Chef Christian Horner in Ungarn zeigen eindeutig die eigene Unsicherheit vieler Rennställe im Umgang mit solch brisanten Themen.

Mancherorts hatte man daher wohl gehofft, dass sich das Thema Ecclestone möglicherweise von selbst erledigen würde, und dass man dann vielleicht bessere Chancen hätte, eigene Standpunkte und Ideen ins Gespräch zu bringen. Selbst beim Weltverband FIA hatte man zuletzt den Eindruck, dass dort in einigen kritischen Punkten, etwa dem neuesten Ecclestone-Deal, ab 2016 mit einem Grand Prix von Europa nach Baku in Aserbaidschan zu ziehen, erst einmal auf Abwarten gesetzt wurde – getreu dem Motto, wenn Bernie dann mal weg ist, kann man ja noch einmal darüber verhandeln.

Geld - das ist für Ecclestone die Antwort auf die zentralen Fragen

Nun ist Bernie aber nicht weg, sondern wieder voll da – zumindest für einige Zeit. Hoffnung auf Wandel ist damit vorerst wieder auf Eis gelegt. Sein letzter großer Kraftakt könnte nun der seit längerem angedachte Börsengang der Formel 1 werden, der wohl auch wegen der Anklage gegen ihn auf Eis gelegt wurde. Mit einem weiteren Milliardenregen könnte Ecclestone seinen Arbeitgeber CVC und die internen Kritiker wieder ruhig stellen. Geld - das ist für Ecclestone seit jeher die passende Antwort auf die zentralen Fragen. Wobei ja CVC derartige Verkaufsabsichten immer wieder dementiert. Doch es ist hinlänglich bekannt, dass sich der ein oder andere Interessent, an der Spitze der amerikanische Medienmogul John Malone, bereits in Stellung gebracht hat.

Um die Kritiker auch in der eigenen Szene ruhig zu stellen, hat Ecclestone, nach Münchner Gerichtseinschätzung beziehungsweise Präsentation seiner Anwälte auf einmal kein Milliardär mehr, seine eigene PR-Schiene sofort wieder in Bewegung gesetzt. Kaum war die Entscheidung aus München bekannt, twitterte eine ihm sehr nahestehende englische Journalistin in leichter Verdrehung der Tatsachen: „Bernie Ecclestone hat das Angebot der Staatsanwaltschaft angenommen“.

Aber was intern zumindest in Teilen zu funktionieren scheint, nämlich die Vorstellung, dass es nach diesem Ausgang des Münchner Prozesses kein Imageproblem mehr für die Formel 1 im Zusammenhang mit Ecclestone gebe, sieht man von Außen wohl doch noch etwas differenzierter. Ob in den Foren allgemeiner oder Formel-1-spezifischer Medien, ob in Deutschland oder im Ausland – der überwiegende Grundtenor ist überall derselbe: Mit der Übereinkunft von München sei doch erst recht bewiesen, dass Ecclestone und damit letztlich die ganze Formel-1-Welt korrupt agiere und damit auch noch durchkomme. (mit dpa)

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