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Zugeschnappt: Hertha konnte sich über einen 2:0-Sieg gegen Leverkusen freuen.

© Michael Sohn/REUTERS

Nach dem Sieg gegen Leverkusen: So könnte es auch in Herthas nächster Saison laufen

Beim Sieg gegen Leverkusen setzt Trainer Bruno Labbadia auf seine jüngeren Spieler. Die werden auch in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen müssen.

Bruno Labbadia hat Berlin, hat Hertha BSC verlassen. Für zwei Tage. Zwei freie Tage spendierte der Trainer seiner Mannschaft für eine „klasse Leistung“ und beschenkte sich gleich mit. Für die Nachbesprechung zum 2:0-Sieg über Bayer Leverkusen ließ der Herthas Trainer sich aus Hamburg zuschalten, wo er mit seiner Familie seit Jahren lebt.

Noch wenige Tage zuvor habe er den 70. Geburtstag seiner Schwester sausen lassen. „Es ist nicht die Phase, in der man sich zurücklehnen kann“, sagte Labbadia, „ich musste arbeiten.“ Nach zuvor drei Niederlagen in Folge kam mit Leverkusen „ein fast schon übermächtiger Gegner“. Seine Familie habe ihn beim Geburtstag vertreten, sagte Labbadia, am Dienstag gibt es dann wieder Training in Berlin.

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Auch wenn sich der jüngste Sieg in der Tabelle nicht gravierend ausgewirkt hat und die chaotische Saison für Hertha damit nicht vergessen ist: Der Heimsieg über einen Champions-League-Aspiranten ist in mehrerer Hinsicht beachtlich. Bruno Labbadia zählt ja zu den erfahrenen Trainern der Bundesliga, und doch lernt er immer noch dazu. Am verregneten Samstagnachmittag war zu beobachten, dass der 54-Jährige sich beziehungsweise seinen erdachten Matchplan korrigieren kann.

Es war eben kein Leichtgewicht, das im Olympiastadion eine Viertelstunde dominant und selbstbewusst aufspielte. Weil die Bayer-Elf das geplante hohe Pressing Herthas recht leicht überspielen konnte und immer wieder gefährlich vor das Tor der Berliner kam, änderte Labbadia seine Strategie.

„Wir wollten den Gegner eigentlich mehr anlaufen, haben aber schnell gemerkt, dass wir da nicht richtig hinkommen“, sagte Labbadia. „Der Schlüssel war, dass wir uns zusammengeschoben und enge Ketten gebildet haben und so Leverkusens Spiel zwischen den Ketten unterbunden haben“, sagte Herthas Trainer mit einem gewissen Stolz in der Stimme. Denn Leverkusen sei eben eine Mannschaft, „die dich total herspielen kann“. Tat sie aber nicht, weil Labbadia die Spielausrichtung seiner Mannschaft dahingehend änderte, dass sie gegen eine qualitativ bessere Mannschaft „als Team besser funktionierte“.

Der Rest ist bekannt. Matheus Cunha in der ersten und Dodi Lukebakio in der zweiten Hälfte erzielten die Tore für die Berliner. Drumherum konnte Hertha mit einer aufwendigen und klugen Feldorganisation punkten. Und das bei einem Ballbesitz von nur 31 Prozent. Dafür aber liefen die Berliner (123 Kilometer) mehr als die Leverkusener (117) und hatten auch eine bessere Zweikampfquote (57 Prozent zu 43).

Hoch das Bein: Matheus Cunha (r.) lässt hier Leverkusens Verteidiger Jonathan Tah alt aussehen. Zuvor hatte er Hertha in Führung geschossen.
Hoch das Bein: Matheus Cunha (r.) lässt hier Leverkusens Verteidiger Jonathan Tah alt aussehen. Zuvor hatte er Hertha in Führung geschossen.

© Michael Sohn/AFP

Die Art des Sieges über Leverkusen hat aber auch gezeigt, was werden kann aus Hertha, wie es aussehen könnte in der neuen Spielzeit. Es war einer der jüngsten Aufstellungen unter Labbadia, auch weil Per Skjelbred, 33, verletzungsbedingt ausfiel. Ihn ersetzte Niklas Stark, 25. Im Sturm entschied sich Labbadia für den 24-jährigen Krzysztof Piatek anstelle von Vedad Ibisevic, 35. Er habe das Gefühl gehabt, dass „wir etwas mehr Frische brauchen“, sagte Labbadia dazu, „Vedo hat zuletzt alle Spiele gemacht.“

Wie wichtig die beiden Routiniers waren, steht für Herthas Trainer außer Frage. Ohne den reanimierten Torjäger Ibisevic und den defensiven Stabilisator Skjelbred hätten die Berliner in den vergangenen neun Wochen mit den Siegen über Hoffenheim, Union und Augsburg sowie dem Unentschieden in Leipzig wohl nicht zurück in die Spur gefunden. In der neuen Spielzeit werden die Berliner ohne die Führung der beiden Profis auskommen müssen. Dann werden andere den jungen, aufstrebenden Spielern Orientierung und Halt geben müssen, wenn es mal kritisch laufen sollte.

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Fußballerisch bringt Herthas junge Garde einiges mit. Spieler wie Matheus Cunha, 21, Dodi Lukebakio, 22, und Javairo Dilrosun, 21, sind schnell und technisch versiert. Doch ihnen fehle noch die Substanz, um eine ganze Saison stabil durchzustehen, sagte Labbadia. Ihre Leistungen unterliegen altersbedingt noch Schwankungen, sie müssen ausreifen.

Ja, Hertha hat mit einer couragierten Leistung einen Großen der Branche entzaubert. Doch personell sei Bayer „Lichtjahre entfernt“, sagte Labbadia. „Wir sind uns im Klaren, welchen Weg und welche Schritte wir gehen müssen. Genauso gilt es auch gegen den nächsten Gegner.“ Auch der – Borussia Mönchengladbach – mache seit Jahren eine Riesenarbeit.

Bevor Bruno Labbadia seine Mannschaft nächsten Sonntag in den Urlaub verabschiedet, möchte er ihnen noch ein paar Worte und individuelle Trainingspläne mit auf dem Weg geben. Noch steht aber nicht mal fest, wann die neue Saison, wann das Training starten wird, sagte er. „Aber egal wann und wie, wir werden viel arbeiten und gut improvisieren müssen.“

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