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Sport: Nach dem Titel ist mitten im Aufschwung

Mit der WM wollen sich die Handballer in Deutschland als zweitgrößte Mannschaftssportart etablieren

Mitten im Trubel ging es auf einmal um ein höchst politisches Wort: Nachhaltigkeit. Während die deutschen Handballspieler sich gegenseitig mit Sekt begossen, redeten die Funktionäre schon über die Zeit nach dem Fest. Die Begeisterung für die Leistung der Mannschaft und das Lob über die deutschen Organisatoren werden noch einige Tage nachwirken, aber was kommt dann? Der Alltag wird die Spieler schnell einholen, am Wochenende stehen schon wieder Spiele in der Bundesliga an. Für Frank Bohmann, den Geschäftsführer der Handball-Bundesliga, ist das der Zeitpunkt, an dem sich die Nachhaltigkeit des deutschen Weltmeistertitels erstmals zeigen wird: „Ich rechne mit starkem Rückenwind und hoffe zudem, dass sich in den Vereinen mehr Jugendliche anmelden.“

Das klingt zunächst einmal nach einem Aufschwung, aber Bohmann sagt auch: „Wir müssen im Marketing trotzdem weiter arbeiten, ewig wird diese Begeisterung nicht anhalten.“ Der Präsident des Deutschen Handball-Bundes, Ulrich Strombach, sprach von einem „absoluten, anhaltenden Hoch für den Handballsport“ und davon, dass „alles weiter steigerungsfähig“ sei. Dabei denkt er vor allem an die Fernsehpräsenz, denn die „über 16 Millionen Zuschauer haben wir nun mal nicht zur Primetime erreicht“, also der besten Sendezeit am Abend. Da aber will Strombach mit dem Handball hin. Derzeit ist es noch überschaubar, was beispielsweise die Bundesligavereine an Fernsehgeld bekommen. Es sind 50 000 Euro pro Verein. Die Etats der Bundesligisten in dieser Saison belaufen sich auf 55 Millionen Euro, der des THW Kiel beispielsweise liegt bei etwa sechs Millionen. Die WM in Deutschland, so findet Strombach, sollte den Beweis erbracht haben, dass es sich für die Fernsehsender lohnt, mehr „in die Mannschaftssportart Nummer zwei“ zu investieren.

Die Fernsehpräsenz war ein Thema, über das die Verantwortlichen sprachen, die Nachwuchsförderung war das andere. Dabei ist nicht nur der Verband gefordert, sondern auch die Bundesliga. Schon häufiger fragte etwa Bernd-Uwe Hildebrand, der Manager der SC Magdeburg und Vorsitzender der Bundesliga: „Wenn wir nichts mehr machen, wer macht denn überhaupt noch etwas für den Handballnachwuchs?“ Er regte deshalb an, die Jugendarbeit zukünftig an die Vergabe der Lizenzen zu binden. Ein kleiner Teil des Etats der Erst- und Zweitligaklubs soll von der nächsten Saison an in die Nachwuchsförderung fließen.

Auch Bundestrainer Heiner Brand hat sich schon zur Zukunft des Handballs in Deutschland geäußert: „Wichtig ist, dass die jungen Leute mehr trainieren können und schulisch trotzdem optimal betreut werden, ob in Internaten oder durch Hausaufgabenbetreuung. Hauptsache, die Chancen für den deutschen Nachwuchs in der Liga steigen.“ Für seinen Vorschlag, eine Begrenzung der Ausländer pro Team einzuführen und dafür zwei deutsche Spieler auf dem Spielbogen zur Pflicht zu machen, hatte Brand kein einheitliches Votum aus der Bundesliga bekommen. Nur einstimmig hätte der Vorschlug durchgesetzt werden können. Schließlich wäre es eine freiwillige Selbstverpflichtung.

Von einem ausgereiften Gesamtkonzept will es der 54-Jährige auch abhängig machen, ob er seinen 2008 auslaufenden Vertrag als Bundestrainer verlängert. „Ich habe auf dem Spielfeld zu Christian Schwarzer gesagt: Eigentlich müsste ich jetzt aufhören. Mehr geht nicht. Aber vom Alter her kann ich noch ein paar Jahre arbeiten und werde mir neue Ziele setzen.“ Zum Beispiel, mit einer verjüngten Mannschaft zu den Olympischen Spielen 2008 nach Peking zu fahren.

Dass es sich lohnt, den Nachwuchs dafür stärker zu fordern, dafür gibt es auch gute Beispiele im Weltmeisterteam. Lars Kaufmann, der einst als Zweitliga-Torschützenkönig von Delitzsch nach Wetzlar in die erste Liga wechselte, spielt von der kommenden Saison an beim TBV Lemgo. Ihm gelang es, sich bis in einen Spitzenklub hochzukämpfen, und in der Nationalmannschaft hat er trotz seiner 29 Jahre noch Perspektive. Gleiches gilt für seinen zukünftigen Teamkollegen Sebastian Preiß, der an der Seite von Routinier Christian Schwarzer in Lemgo sehr viel gelernt hat. Überhaupt werden die Weltmeister in ihren Klubteams nunmehr einen höheren Stellenwert bekommen. Das könnte Talenten viel Mut machen, um einen Platz in der Bundesliga zu kämpfen.

Wie viel Geld in die Nachwuchsförderung fließt, muss erst noch entschieden werden. Bislang ist nur sehr wenig in Bewegung gekommen. Den besten Beweis dafür, dass es lohnt, in junge Spieler zu investieren, hat die deutsche Mannschaft jedenfalls schon erbracht.

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