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Fans des AS Livorno hängen in Gedenken an Piermario Morosini ein Trikot des Verstorbenen am Stadion Armando Picchi auf.

© dapd

Nach dem Tod von Piermario Morosini: Italien trauert und diskutiert

Nach dem Tod des Fußballprofis Piermario Morosini ruht in Italien der Ball. Der zweite Todesfall eines Profisportlers binnen weniger Wochen hat eine Debatte über die Sportmedizin ausgelöst.

Der Tod spielt mit in der Serie B. Am Samstagnachmittag starb beim Aufeinandertreffen von Pescara Calcio und dem AS Livorno der Mittelfeldspieler Piermario Morosini an einem Herzinfarkt. Rettungsmaßnahmen konnten den 25-Jährigen nicht mehr ins Leben zurückholen. Er starb etwa eine Stunde nach seinem plötzlichen Zusammenbruch. Der italienische Fußballverband sagte daraufhin alle Spiele von den Amateurligen bis hin in die Serie A am Wochenende und an diesem Montag ab.

Das ist die gute Botschaft in der schlechten Nachricht: Weil ein Mensch stirbt, hält die Welt, aus der er stammt, für einige Tage in ihrem rastlosen Lauf inne. Werbeumsätze und Einschaltquoten sind angesichts des Todes eines Sportlers zur Nebensache geworden. Auslöser der Absagen war die Weigerung der Udinese-Profis, zum wenige Stunden nach der Nachricht von Morosinis Tod angesetzten Spiel gegen Inter Mailand anzutreten. Morosini gehörte seit 2005 zu Udinese und war zuletzt an den AS Livorno ausgeliehen worden. „Es ist ein Sohn von Udinese für immer weggegangen. Da geht es nicht, zu spielen“, erklärte Udinese-Vereinsboss Gianpaolo Pozzo.

Zwar hatte Pozzo diesen „Sohn“ in den vergangenen sechs Jahren an sechs verschiedene Vereine der Serie B verliehen, aber mit seiner sympathischen und ruhigen Art hatte sich Morosini auf den Stationen seiner Karriere in Italien viele Freunde gemacht. „Er war von einer ganz besonderen Güte und Herzlichkeit“, sagten seine Ex-Mitspieler Alex Pinardi (Vicenza) und Raffaele Schiavi (Padua) der „Gazzetta dello Sport“. „Er hat uns gelehrt, jeden Tag dem Leben mit einem Lachen zu begegnen, selbst wenn dieses Leben dir manchmal den Rücken zukehrt“, erinnert sich Marco Andreolli, Mitspieler Morosinis in Italiens U21-Auswahl.

Morosinis Optimismus war schweren Prüfungen ausgesetzt. Bereits als 15-Jähriger verlor er seine Mutter durch einen Tumor. Zwei Jahre später starb sein Vater an einem Herzinfarkt. Danach nahm sich sein behinderter Bruder das Leben.

Warum es zum Todesfall kam, und vor allem, ob er vermeidbar gewesen wäre, ist noch ungeklärt. Der herbeigerufenen Ambulanz wurde der Weg ins Stadion durch ein am Tor abgestelltes Polizeifahrzeug verstellt. Zudem wollten die Ordner einen von den Rängen herabeilenden Chefkardiologen des Krankenhauses Pescara zunächst nicht auf das Spielfeld lassen und verzögerten so möglicherweise die Rettung. Auch die Reihenuntersuchungen der Leistungssportler stehen jetzt auf dem Prüfstand. „Das sehr muskulöse Sportlerherz versteckt Anomalien stärker als normale Herzen“, erklärte der Herzchirurg Ciro Campanella. Er hält auch die üblichen Belastungstests für nicht vergleichbar mit den Belastungen während eines Spiels.

Der zweite Todesfall eines Profisportlers binnen weniger Wochen – am 24. März starb der Volleyballer Vigor Bovolento, Olympiazweiter 1996 in Atalanta, während eines Ligaspiels – löst in Italien eine Debatte über die Sportmedizin aus. Bislang hatten sich die Italiener hier als Avantgarde gefühlt. Inter-Präsident Moratti erinnerte daran, dass die medizinische Abteilung der Nerazzurri die Herzprobleme von Nwankwo Kanu entdeckt hatte. Und beim Lokalrivalen AC Mailand waren alle Augen auf Antonio Cassano gerichtet. Der Angreifer war erst vor zehn Tagen nach einer Herzoperation und knapp halbjährigen Pause in den Spielbetrieb zurückgekehrt. Es stellt sich die Frage, ob Morosini auch deshalb sterben musste, weil er nicht nur in der sportlichen, sondern auch in der medizinischen Serie B spielte.

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