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Hertha-Coach Markus Babbel (l.) vertraut in der Zentrale derzeit Andreas Ottl und Peter Niemeyer (r.).

© dapd

Nach dem Unentschieden gegen Augsburg: Was denn nun, Hertha?

Vieles deutet darauf hin, dass ein zu steifes Defensivsystem einen mutigen Fußball der Berliner Mannschaft derzeit verhindert.

Den ehrlichsten Satz sprach Markus Babbel. „Wir hätten gegen Augsburg keinen Sieg verdient gehabt.“ Und so guckte der Trainer von Hertha BSC nach dem 2:2 im Heimspiel gegen die bislang bemitleidenswert sieglosen Augsburger auch. Seine Ehrlichkeit sprach für Babbel, der rumpelige Auftritt seiner Mannschaft tat es nicht. Vor einer Woche noch hat dieselbe Mannschaft beim Deutschen Meister in Dortmund gewonnen, und jetzt das. Ja, was denn nun, Hertha?

Der Sieg in Dortmund hatte vielleicht manchem schon den Blick verstellt. Wie waren die Herthaner doch für ihr kluges Spiel und ihren cleveren Sieg beim Meister gelobt worden. Da verhält es sich nicht anders wie mit der Klugheit des Fuchses, die deswegen überschätzt wird, weil man ihm auch noch die Dummheit der Hühner anrechnet. Hertha hatte in Dortmund vieles richtig gemacht und am Ende das nötige, nicht unverdiente Glück.

Das kein falscher Eindruck entsteht: Mit neun Punkten aus sechs Spielen haben die Berliner die Hälfte der möglichen Zähler geholt. Damit stehen sie ganz ordentlich da in der Liga. Wo aber genau? Babbel hatte gesagt, dass man nach dem sechsten Spieltag sehen könne, wohin die Reise geht. Mit Gewissheit lässt sich sagen, dass Hertha noch auf Reisen ist. Mal kommt die Mannschaft zwei Schritte vorwärts, mal fällt sie zurück. Wie gegen Augsburg.

„Wenn wir nicht am Anschlag spielen, reicht es eben nicht“, sagte Babbel. Eine Aussage von übersichtlichem Neuigkeitswert. Vielmehr beschäftigt den Anhang, warum die Berliner sich dann schwertun, wenn sie das Spiel gestalten müssen? Das mussten sie schon in der Zweiten Liga, da aber reichte oft die individuelle Klasse in der Offensive. Diese kommt im neuen Spielsystem nicht mehr zum Tragen.

Markus Babbel hat dem Aufsteigerteam ein System verpasst, was ihm für das Ziel Klassenerhalt am zweckdienlichsten erscheint. Es ist ein System, das auf defensives Verdichten getrimmt ist. Hertha geht es in erster Linie darum, kompakt zu stehen, was es dem Gegner schwer macht, durch die Mitte Torchancen zu kreieren. Einerseits. Andererseits verleiht es dem eigenen Team eine gewisse Stabilität. Was mental nicht zu unterschätzen ist. Mit Hurrafußball würde Hertha vermutlich ins Verderben rennen. Hertha denkt also zu allererst defensiv. Ein Umstand, der sich vorzugsweise gegen offensive Mannschaften – wie gesehen Stuttgart und Dortmund – auszahlen kann. Hertha operiert dabei gut gegen Mann und Ball. Doch dieses Spiel findet in der eigenen Hälfte statt. Babbel hat sich dabei für die personell defensivste Bestückung der Doppelsechs vor der Viererabwehrkette entschieden. Dieser Verbund funktioniert idealerweise wie ein umgedrehter Trichter, der die gegnerischen Aktionen nach außen hin abdrängt, wo die Gefahr abnimmt.

Zudem versteht es Hertha gut, schnelle Gegenstöße zu fahren. Wuselige Spieler wie Torun, Raffael und Ramos hat Hertha dafür. Die Frage ist vielmehr, inwiefern die Besetzung der Doppelsechs die Mannschaft auf diese Spielweise einschnürt? Andreas Ottl und Peter Niemeyer sind Defensivspezialisten, die im Zustellen von Räumen und der Balleroberung ihre Qualitäten haben. Nicht aber in der Spieleröffnung. Es ist offensichtlich, dass dem Team hierfür entweder die Flexibilität oder der Mut fehlen. Oder dem Trainer.

„So kann man das nicht spielen. Wir müssen bei Ballbesitz weiter auseinandergehen, das Spiel in die Breite ziehen“, sagte Ottl. Doch dazu mangelte es an offensiven Anspielpositionen. Herthas Spiel war zu statisch. „In der ersten Halbzeit fand das Spiel ohne Ball bei uns fast nicht statt“, sagte Babbel. Wie wahr.

Es wäre interessant gewesen, Hertha gegen Augsburg mit nur einem Sechser zu sehen. In einem 4-1-4-1-System, wie es zuletzt die deutsche Nationalmannschaft praktizierte. Aber wenn Babbel schon mit zwei Sechsern operieren will, so hätte er sie personell anders zusammensetzen sollen, mit einem spielstärkeren Mann neben Ottl oder neben Niemeyer. Mit Fabian Lustenberger etwa, oder mit Raffael, wie schon erprobt. Warum ist Babbel von diesem Vorhaben abgewichen? Ein Heimspiel gegen Augsburg mit einem Sieg beim Meister im Rücken wäre geradezu idealtypisch gewesen. Und ehrlich.

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