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Weniger gut lief es Albas Basketballer. Die Berliner scheiterten schon im Viertelfinale der Play-offs um die Deutsche Meisterschaft und wechselten darauf den Trainer aus. Unter Sasa Obradovic läuft es in der neuen Saison wieder runder.

© dapd

Nach dem Viertelfinal-Aus: Albas hässliche Wahrheiten

Die Niederlage in Würzburg und das Erstrunden-Aus lassen die Berliner Basketballer ratlos zurück. Antworten auf die vielen Fragen zur enttäuschenden Saison gibt es noch keine.

Dashaun Wood und Heiko Schaffartzik starrten apathisch auf das weiß-rote Menschenknäuel, das vor ihnen auf dem Feld tanzte. Die beiden Berliner Aufbauspieler mussten mit hängenden Köpfen und in die Hüfte gestützten Händen mitansehen, wie die Würzburger Basketballer ihren 66:60 (22:33)-Sieg gegen Alba wie den Gewinn der deutschen Meisterschaft feierten. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg für den Aufsteiger, für die Berliner endete die Reise zum Titel am Dienstagabend bereits im Viertelfinale. "Wir wünschen unseren Gästen aus Berlin einen schönen Sommer", krakeelte der Hallensprecher, während das Würzburger Publikum ungläubig jubelnd vor sich hinwogte und die Berliner Spieler einer nach dem anderen vom Feld schlichen.

Totenstill sei es in der Kabine gewesen, berichtete der an diesem Abend beste Berliner Schaffartzik wenige Minuten später. Rat- und fassungslos wirkten Spieler, Trainer und Manager des achtmaligen Deutschen Meisters, als sie über das überaus enttäuschende Saisonende zu sprechen versuchten. "Ich habe es vorher gesagt: Die Wahrheit kommt", presste Geschäftsführer Marco Baldi hervor, nachdem er den Würzburgern zum Einzug ins Halbfinale gratuliert hatte. "Und die Wahrheit ist jetzt hässlich, daraus müssen wir unsere Schlüsse ziehen." 20 Minuten lang hatte Albas Wahrheit in Würzburg schön ausgesehen, bis die Berliner nach einer 14-Punkte-Führung von Würzburg in der zweiten Hälfte überrollt wurden. "Wir haben unsere Würfe nicht getroffen, die Würzburger haben einige wirklich große Plays gemacht", sagte Bryce Taylor, der sich mit acht Punkten und elf Rebounds gegen die Niederlage gestemmt hatte. "Man muss ihnen zugestehen, dass sie mit unglaublich viel Herz spielen. Sie sind furchtlos." 

Das konnte man von den Berlinern nicht behaupten. Als das Spiel zu Beginn des dritten Viertels kippte, war die Verunsicherung bei Alba fast greifbar. Dashaun Wood hatte vor dem Spiel noch gesagt, er werde alles in seiner Macht stehende tun, um seine Mannschaft anzuführen und zu organisieren. Wood hat seit Saisonbeginn immer wieder betont, er wolle der Anführer des Teams sein, das gelang ihm in den Play-offs aber weder als Scorer noch als Spielmacher. In mehr als 37 Minuten Spielzeit kam der "Wertvollste Spieler" der vergangenen Bundesligasaison am Dienstag auf ganze sechs Punkte.

Auch Kyle Weaver enttäuschte einmal mehr und wird mit großer Sicherheit zum letzten Mal das Alba-Trikot getragen haben. Erneut verlor der ehemalige NBA-Profi das direkte Duell mit seinem Gegenspieler John Little deutlich: Weaver gelangen zwei Punkte und zwei Rebounds, Little kämpfte sich unermüdlich zu 20 Punkten und sieben Rebounds. Marko Simonovic feuerte seine Mitspieler von der Bank zwar pausenlos und fast flehentlich an, machte dabei aber den Eindruck, diese Rolle sei ihm lieber als ein aktiverer Part in dem Kampfspiel. Center Torin Francis mühte sich unter den Körben glücklos und oft ungeschickt ab, der spät in der Saison nach Berlin geholte Ioannis Kalampokis kam gar nicht erst dazu, die Routine und Übersicht zu zeigen, deretwegen Alba ihn verpflichtet hatte: Der Grieche wurde von Trainer Gordon Herbert nur eine Minute und 41 Sekunden eingesetzt. 

Manager Marco Baldi findet drastische Worte

Das Erstaunliche an Albas drei Niederlagen in Folge ist, dass die auf dem Papier eindeutig bessere Mannschaft völlig zu Recht als Verlierer vom Feld ging. Im vierten Spiel verloren die Berliner das Reboundduell erneut deutlich, erneut hatten sie schlechtere Wurfquoten als die Würzburger, erneut trumpfte der Gegner auf, als es am meisten darauf ankam. "Würzburg hat es geschafft, uns aus dem rauszubringen, was wir eigentlich machen wollen", sagte Schaffartzik, der noch eine halbe Stunde nach Spielende mit den Tränen kämpfte. Es war in der Tat erstaunlich, wie selten es den Berlinern gelang, dem Aufsteiger ihr Spiel aufzudrücken. "Ich muss ehrlich sagen, dass die Würzburger die Serie verdient gewonnen haben", sagte Bryce Taylor. "Heute haben wir den Kampf gebracht, mit der wir diese Serie hätten gewinnen können, es war aber zu spät." Die Saison sei sicher sehr enttäuschend: "Wir hatten große Ziele, aber wir sind nicht ins Viertelfinale des Eurocups gekommen, wir haben das Top Four im Pokal verpasst und jetzt stehen wir hier und sind in der ersten Runde ausgeschieden. Das ist keine gute Saison."

Manager Baldi fand drastischere Worte für die dritte Spielzeit ohne Titel hintereinander. "Jetzt haben wir erstmal das, was wir haben: einen Haufen Scheiße", sagte Baldi, der sich kurz nach Spielende noch nicht zu personellen Konsequenzen äußern wollte. "Wir werden jetzt eine Nacht drüberschlafen, dann stecken wir die Köpfe zusammen und sehen, wie es weitergeht." Der Vertrag von Chefcoach Gordon Herbert läuft noch eine weitere Saison, es ist unwahrscheinlich, dass sich der Klub nach den Wechseln von Luka Pavicevic zu Muli Katzurin zu Herbert abermals auf Trainersuche begibt. Allerdings gelang dem studierten Sportpsychologen Herbert in Berlin nicht, wofür er als Trainer bei vorherigen Engagements stets viel Lob erhalten hatte: Der Kanadier konnte nicht das Maximum aus seinem Team herausholen. 

Auf dem Weg zum Bus begegneten die Berliner Profis ihren mitgereisten Fans, die betreten schweigend oder leise diskutierend in Grüppchen auf dem Parkplatz vor der Würzburger Sporthalle herumstanden. Antworten gab es am Dienstagabend noch keine – aber die Überzeugung, dass in der langen Sommerpause viele Fragen gestellt werden. "Man muss versuchen, so viele positive Dinge wie möglich mitzunehmen, die richtigen Schlüsse zu ziehen und es nächstes Jahr besser zu machen", sagte Bryce Taylor. Auf die Verantwortlichen von Alba Berlin kommt viel Arbeit zu.

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