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Ramos am Boden. Hertha BSC verlor am Samstag erstmals nach 21 Spielen.

© dpa

Nach der Pleite von Dresden: Was Hertha aus der Niederlage lernen kann

Das 0:1 in Dresden kann Hertha helfen, den Blick für kommende Aufgaben zu schärfen. Und die richtigen Schlüsse für die Bundesliga zu ziehen.

Jos Luhukay saß hinter dem Mikrofon im Dresdner Stadion und redete und redete. Es wirkte beinahe so, als wollte der Trainer von Hertha BSC so nah nach Spielschluss von der ersten Niederlage seiner Mannschaft seit über einem halben Jahr ein bisschen ablenken. Also erzählte er von einem über sich hinausgewachsenen Gegner und einer fantastischen Atmosphäre in einem erstligatauglichen neuen Stadion. Dafür bekam der Übungsleiter aus Berlin von den anwesenden Sachsen Applaus auf offener Szene. Leider erzählte Luhukay sehr viel weniger über die Leistungen seiner Mannschaft an diesem Nachmittag.

„Ich bin nicht enttäuscht, dass wir verloren haben“, sagte Luhukay und machte den Eindruck, als wäre er geradezu erleichtert. „Ich kann mit der Niederlage gut leben.“ Die Frage ist, wie das Team mit diesem Negativerlebnis wird leben können. Und wie seine Reaktion ausfallen wird. Fürs Erste strich der Trainer der Berliner das obligatorische Auslaufen am anderen Tag und gab den Profis bis zum Dienstag frei. Jeder möge mal ein wenig Abstand gewinnen, um dann wieder mit frischen Gedanken die Arbeit neu aufzunehmen.

Vielleicht hat diese erste Niederlage nach einer Serie von 21 ungeschlagenen Spieltagen ja sogar befreiende Wirkung. Nun ist es nicht so, dass das Hertha-System ein Reset vonnöten hätte, also ein Zurücksetzen auf einen definierten Anfangszustand. Doch irgendwie ist das Erfolgsmodell in den vergangenen Wochen ins Stocken geraten. Seit Ende der Winterpause eierte Hertha mehr durch die Spiele. Die Berliner punkteten zwar fleißig, doch die Rhythmusstörungen im Spielsystem waren unübersehbar. Von einer spielerischen Leichtigkeit waren sie weiter entfernt denn je. Oft genug war es Herthas Qualität bei ruhenden Bällen, die viele Spiele zu den eigenen Gunsten entschieden. Eine wackelige Basis. Kommt dann auch noch handwerklicher Fehler vom Trainer hinzu wie in Dresden, reicht es eben nicht. Luhukay wird sich eingestehen müssen, dass sein taktischer Entwurf mit drei Mittelstürmertypen (Ramos, Wagner, Lasogga) in der Anfangsformation misslungen ist.

Nun ist der Cut da, der Riss der Serie. Wie gut. Das sagte Luhukay so zwar nicht, aber ein bisschen ließ es sich heraushören aus seinen Worten. Diese von den Zahlen her beeindruckende Serie von 21 Spielen ohne Niederlage war zwar keine Last, doch irgendwie wirkte sie unheimlich. Verstellte sie am Ende sogar den Blick?

Es war eine trügerische Sicherheit, die von ihr ausging. Eine, wonach es sich am Ende eines Spiels schon irgendwie richten werde für die Berliner. Qualität setze sich durch, und davon habe Hertha mehr als alle Konkurrenz der Zweiten Liga. Und als Hertha dann noch am vergangenen Wochenende erstmals die Tabellenspitze eroberte, war ein emotionaler Zielpunkt erreicht. Führte das zu einem Spannungsabfall?

Die Niederlage von Dresden ist nun alles andere als besorgniserregend. Auch wenn Hertha bei einem Sieg Braunschweigs am Montag gegen Duisburg die Tabellenführung wieder einbüßen könnte; die Ausgangslage bleibt für die Berliner komfortabel. Nun gilt es, mit frischen Gedanken und neuem Mut die restlichen zehn Spieltage anzugehen. So kann die Niederlage ihr Gutes mit sich führen. Sie schärft im besten Falle die Blicke und Sinne für das Wesentliche. Und das ist der Wiederaufstieg. Dieser allerdings sollte nicht das Problem darstellen für den Verein, der den teuersten Kader der Liga unterhält und sich auch sonst Bundesligabedingungen gönnt. Weit schwieriger wird es werden, die Zweite Liga dauerhaft hinter sich zu lassen. Insofern ist die aufgekommene Diskussion innerhalb des Anhangs über die Erstligatauglichkeit kein bloßes Gerede, sondern sie hat ihre Berechtigung. Die Niederlage von Dresden wird sie befeuern, und das kann nur gut sein.

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