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Ein rüstiges Paar. Joachim Franke (70) hat als Aushilfscoach Claudia Pechstein (39) zu WM-Medaillen geführt. Doch jetzt zieht er sich wieder ins Rentnerdasein zurück.

© dpa

Nach der WM in Inzell: Claudia Pechstein: Eiszeit oder eisige Zeit?

Nach ihrem WM-Erfolg gehört Claudia Pechstein wieder fest zum Kader der Nationalmannschaft – doch ob sie trainieren kann wie früher, ist ungewiss.

Stephanie Beckert verbreitete ein Gefühl von großer Harmonie. Da stand sie lächelnd, hatte noch den Jubel der Fans im Ohr und sagte: „Das Team hat gute gearbeitet, es hat mich gut in Schwung gebracht.“ Zum Team gehörte neben Isabell Ost auch Claudia Pechstein, gemeinsam hatten sie gerade Bronze im Teamwettbewerb gewonnen, ein netter Abschluss der Eisschnelllauf-Weltmeisterschaften in Inzell. Für ein paar Sekunden schien der Streit zwischen Stephanie Beckert und Claudia Pechstein zur Randerscheinung zu verblassen.

Beckert sorgte schnell dafür, dass es bei diesen paar Sekunden blieb.

Zwanzig Meter von den Kabinen entfernt, sagte sie kurz darauf schmallippig: „Teamwettbewerb war Teamwettbewerb, aber jetzt ist alles wieder vorbei.“ Die Rückkehr in die frostige Atmosphäre hat wieder begonnen, heißt das. Sie kennt diese Stelle in Pechsteins Biografie eben gut; die Seite 285, auf der Pechstein über sie notiert hat: „Meine Faust möchte unbedingt in ihr Gesicht.“

Das komplizierte Verhältnis wird den Verband noch eine Weile beschäftigen. Denn Pechstein gehört wieder fest zur Nationalmannschaft. Nur sind jetzt ein paar Fragen zu klären: Kann Pechstein nach ihrer Dopingsperre wieder wie ein Vollprofi trainieren? Oder muss sie Schreibtischdienst als Bundespolizistin schieben? Wenn ja, legt sie dann umgehend wieder eine Krankmeldung wegen psychischer Probleme vor? Und wer trainiert sie überhaupt in Zukunft?

Pechstein sitzt in einer Holzhütte neben der Halle und sagt: „Im Moment habe ich keinen Plan.“ Das ist doch erst mal Sache ihres Managers. Ralf Grengel sitzt auch am Tisch und sagt: „Die Arbeit hinter den Kulissen ist noch nicht beendet.“

Sie fängt erst richtig an. Ab sofort hat die 39-Jährige normalen, mehrtägigen Erholungsurlaub. Aber danach müsste die Polizei-Hauptmeisterin Pechstein am Schreibtisch sitzen, so ist der aktuelle Stand. Denn aus der Sportfördergruppe der Bundespolizei hat Thomas de Maizière sie ausgeschlossen, mangels sportlicher Perspektiven. Da war de Maizière noch Innenminister, ob sein Nachfolger Hans-Peter Friedrich den Rauswurf rückgängig macht, ist unklar.

Und außerdem gibt es ja noch einen Paragrafen, der festlegt, dass Topsportlern mit Beamtenstatus Sonderurlaub zu gewähren ist, wenn der Sportler sich für internationale Höhepunkte qualifiziert hat. Ausnahme: schwerwiegende Gründe. Wird Pechstein also normale Polizistin mit freien Wochen vor Top- Wettkämpfen? Auch die Frage nach ihren sportlichen Perspektiven muss geklärt werden. Sie ist 39, für sie bedeutet nur ein Olympiastart eine ernsthafte Perspektive. Aber nach ihrer Sperre braucht sie dafür eine Ausnahmegenehmigung. Für die entsprechenden Argumente soll, in der Theorie, auch der Hämatologe Stefan Eber sorgen. Eber, sagt Grengel, soll jenes Gen finden, das für Pechsteins Blutanomalie verantwortlich sei. „Dann hätten wir den Beweis.“ In der Praxis darf Grengel nicht zu viel Hoffnung auf Eber setzen, das weiß er. „So etwas zu finden, sagen Experten, kann Jahrzehnte dauern.“

Eine Frage immerhin ist geklärt. Joachim Franke bleibt nicht Pechsteins Trainer; er möchte wieder seinen offiziellen Status als Rentner ausleben. In Berlin, sagt Chef-Bundestrainer Markus Eicher deshalb, wird Pechstein vom Assistenten des Mehrkampf-Bundestrainers Stephan Gneupel betreut.

Schwierigkeiten befürchtet Eicher dabei nicht. „Mit Claudia gab es vor der WM im Training keinen Zoff.“ Und Beckert trainiert in Erfurt. So weit reicht die Faust von Pechstein nicht.

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