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Nach Durststrecke: U 21: Dritte EM-Titel für DFB möglich

Die U 21 kann als drittes DFB-Männernachwuchsteam innerhalb von elf Monaten den EM-Titel gewinnen.

Vor dem Clarion Grand Hotel schwitzten die Betreuer, die tonnenweise das Gepäck in den Lkw laden mussten für die Fahrt von Helsingborg nach Malmö. Angefeuert wurden sie von einigen U-21- Nationalspielern. Die durften sich die kleine Faulheit leisten. Schließlich hatten sie am Vorabend sichergestellt, dass bei der Reise durch Südschweden auch die letzte Etappe angesteuert wird. Nach Göteborg, Halmstad und Helsingborg soll in Malmö am Montagabend im EM-Endspiel gegen England der Triumph perfekt gemacht werden.

Zwei Bier pro Kopf waren gestattet nach dem 1:0 (0:0) im Halbfinale gegen Italien, dann verschwanden die Spieler kurz vor zwei Uhr früh in ihre Betten, obwohl schwedisches Jungvolk die Straßen um das Hotel in eine Partyzone verwandelte. „Die Spieler sind nicht schwer zu bändigen“, sagte Trainer Horst Hrubesch. „Das ist eine gute Generation, die sind nicht anders als wir früher. Die wollen noch mehr.“ Er selbst gab die Devise aus, dass der Halbfinalsieg mehr oder weniger wertlos sei. „Noch stehen wir mit leeren Händen da. Fußball macht nur Spaß, wenn man gewinnt“, sagte er.

Nach der U 19 und der U 17 kann die U 21 den dritten EM-Titel binnen elf Monaten für den DFB gewinnen – nach 16 titellosen Jahren. Alle drei Teams räumten bei den Turnieren italienische Mannschaften aus dem Weg. Die Italiener waren lange das Maß aller Dinge im europäischen Nachwuchsbereich, allein bei der U 21 gewannen sie fünf Mal den Titel. Beim DFB ist nun die Hoffnung unabhängig vom Ausgang des Endspiels groß, eine „Goldene Generation“ zu besitzen. Fest steht, dass es mit der Nachwuchsarbeit nach vielen Jahren unbefriedigender Ergebnisse aufwärts geht.

Dies ist das Ergebnis der forcierten Talentförderung, die nach dem VorrundenAus des A-Teams bei der EM 2000 begonnen wurde. „Das war ein Knackpunkt. Die richtige Ernsthaftigkeit in die Talentförderung kam erst mit dieser Enttäuschung“, sagt Bernd Stöber, der als dienstältester DFB-Trainer von 1987 bis 2007 Junioren-Mannschaften betreute und bis vorige Woche mit angehenden Fußballlehrern das Turnier in Schweden beobachtete. Vor neun Jahren wurde ein Programm gestartet, in das der DFB inzwischen gut 100 Millionen Euro investiert hat. Die Spieler, die das Finale gegen England bestreiten werden, waren damals elf bis 13 Jahre alt und haben von den Fördermaßnahmen profitiert.

Schon 2001 konnte der DFB sein Talentförderprogramm vorstellen: In 389 Stützpunkten werden seitdem von über 1000 Honorartrainern insgesamt 22 000 Kinder und Jugendliche ab dem elften Lebensjahr einmal pro Woche ausgebildet. Zehn Millionen Euro pro Jahr stellt der DFB für das Programm bereit. Im Nachwuchsbereich wurden 29 Koordinatoren eingestellt, die die Jugendarbeit auf der untersten Stufe organisieren und überwachen. Diese Maßnahmen seien lediglich eine Breitensportförderung auf höherem Niveau, monieren Kritiker. Aber viele Jungen – und auch Mädchen – wurden dabei erfasst, die den Weg in die Nachwuchsmannschaften des DFB fanden. Parallel wurde in Zusammenarbeit mit den Kultusministerien an sogenannten Eliteschulen die Sportförderung verbessert. Unter anderem profitierte Torwart Manuel Neuer davon.

Zudem verpflichteten der DFB und nach ihrer Gründung auch die Deutsche Fußball Liga (DFL) die 36 Vereine der Ersten und Zweiten Liga, eigene Nachwuchsleistungszentren zu gründen und zu betreiben. „Das war ein Meilenstein. Die Jugendarbeit wurde in allen Vereinen viel professioneller, viel mehr Personen als früher sind heute hauptberuflich im Nachwuchsbereich tätig“, sagt Stöber. Als er beim DFB angefangen habe, hätten nur „drei, vier Vereine“ einen hauptberuflichen Jugendtrainer beschäftigt. „Heute hat jeder Bundesligaklub fünf bis acht hauptamtliche Trainer im Nachwuchsbereich.“ Die Erfolge basieren auf Strukturverbesserungen. Doch früher wurden Resultate der DFB-Nachwuchsteams auch als zweitrangig betrachtet. Mit Trainern und Teams, die Halbfinalsiege als wertlos betrachten, ist vielleicht das Maximum zu erreichen.

Gregor Derichs[Helsingborg]

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