zum Hauptinhalt
Die Fans des 1. FC Union feuerten ihr Team trotz Gesangsverbots und Masken an.

© imago images/Bernd König

Nach Kritik an Zuschauerzulassung bei Union: Der 1. FC Union wünscht sich mehr Klarheit von der Politik

Unions Präsident Dirk Zingler meldet sich bei den Mitgliedern und verteidigt die Zulassung von Zuschauern. Doch bald könnte sich das Thema ohnehin erledigt haben.

In der Bundesliga gibt es vermutlich kaum einen interessanteren Gesprächspartner als Christian Streich. Der Trainer des SC Freiburg hat zu vielen Themen eine klare Meinung und anders als der Großteil seiner Kollegen äußert er diese auch öffentlich. Nach dem 1:1 seiner Mannschaft beim 1. FC Union Berlin war Streich aber auch ein bisschen ratlos. „Das ist ein schwieriges Thema“, sagte er bezogen auf die Zulassung von Zuschauern in den Stadien. „Es war schön heute“, aber die Befürchtung sei natürlich da, dass es für längere Zeit das letzte Spiel mit Fans für sein Team gewesen sein könnte.

Auch Unions Trainer Urs Fischer freute sich über die Stimmung, die die 4300 Zuschauer im Stadion An der Alten Försterei am Samstag mit Tröten, Topfdeckeln und allerlei anderen Utensilien erzeugten. „Die Fans haben nicht gesungen, aber wir hatten Geräusche und diese Aufmunterung ist es, die der Spieler aufnimmt“, sagte Fischer.

Weiter wollte sich der Schweizer zu der Thematik nicht äußern, seine Kompetenz ist schließlich der Sport, nicht die politischen Entscheidungen im Hintergrund.

Das ist das Feld von Unions Präsident Präsident Dirk Zingler und dieser wandte sich am Sonntag in einer Mail an die Vereinsmitglieder. „Es ist aus meiner Sicht ein wichtiges und richtiges Zeichen, wenn wir zeigen, dass Veranstaltungen mit geringem Infektionsrisiko möglich sind“, schrieb Zingler. Auf dieser Basis wolle der Verein weiterarbeiten, „damit Menschen in dieser schwierigen Zeit auch schöne Erlebnisse haben können und nicht nur mit Einschränkungen und Verboten konfrontiert werden. Es gibt keinen Grund zur Sorge, dass wir unseren moralischen Kompass verloren hätten.“

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräteherunterladen können]

Genau das ist der Vorwurf vieler Kritiker. Vom Beharren auf der Austragung des Heimspiels gegen Bayern München im März über den zeitlich deplatziert wirkenden Plan einer Veranstaltung mit vorheriger Testung aller Zuschauer bis zum Ignorieren des Gesangsverbots im Testspiel gegen Hannover vor zwei Wochen hat Union zu diesem Bild selbst sehr viel beigetragen.

Die Kritik war oft berechtigt, teilweise sicherlich überzogen. Auch Hertha BSC spielte vor einer Woche noch vor Zuschauern und die übrigen 16 Bundesligisten würden dies auch tun, wenn die lokalen Gesundheitsämter es ihnen erlauben würden. „Von der Politik wünsche ich mir, dass klarer kommuniziert wird, was aus guten Gründen erlaubt ist, und was aus ebenso guten Gründen verboten ist“, schreibt Zingler an die Mitglieder.

[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Damit bezieht er sich auch auf den inkonsequenten Kurs des Senats in Bezug auf den Profisport. Erst am Freitag wurde die Infektionsschutzverordnung aktualisiert, die Stadt ist längst Risikogebiet und die Neuinfektionen steigen weiter exponentiell. Freiluftveranstaltungen mit 5000 Zuschauern bleiben aber weiter erlaubt. Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci und die Innenverwaltung riefen dennoch dazu auf, auf den Stadionbesuch zu verzichten und schoben die Verantwortung wahlweise der Deutschen Fußball-Liga, dem Verein oder dem Gesundheitsamt Treptow-Köpenick zu.

Auch unter Unions Fans ist es eine sehr umstrittene Frage, ob in dieser Situation überhaupt Zuschauer ins Stadion sollten. Für das Spiel gegen Freiburg hielt sich die Nachfrage nach Tickets in Grenzen. Samstag haben Verein und Zuschauer gezeigt, dass sie durchaus willens sind, die Hygieneregeln im Stadion zu befolgen. Angesichts der rasanten Ausbreitung des Virus ist das aber vermutlich nicht genug. Vieles spricht dafür, dass Unions Fans am Samstag für längere Zeit zum ersten und letzten Mal geklatscht und geklappert haben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false