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Wuchtig eingesprungen. Georg Grozer (links) war bei der Europameisterschaft in Polen einer der Leistungsträger der starken deutschen Nationalmannschaft.

© AFP

Nach Silber bei der EM: Bei den Volleyballern geht noch mehr

Die deutschen Volleyballer holen die erste EM-Medaille überhaupt und nehmen nach dem Erfolg bereits die nächsten Ziele in den Blick.

Von Johannes Nedo

Viel Zeit hatten die deutschen Nationalspieler nicht. Erst kurz vor 23.30 Uhr war am Sonntagabend das Finale der Volleyball-Europameisterschaft in Polen zu Ende gegangen. Und um sechs Uhr am Montagmorgen starteten bereits ihre Flieger zurück nach Frankfurt am Main und Berlin. Darum gingen sie erst gar nicht ins Bett.

Denn als sich die erste Enttäuschung über die knappe 2:3-Niederlage (19:25, 25:20, 22:25, 25:17, 13:15) gegen Russland gelegt hatte, konnten sich die Spieler über die gewonnene Silbermedaille noch richtig freuen. Schließlich war es die erste überhaupt für eine deutsche Mannschaft bei Europameisterschaften. Und so feierten sie ihren Erfolg in einem Krakauer Club bis kurz vor vier – am Ende tanzten die Spieler sogar oberkörperfrei.

Noch ausgelassener wäre die spontane Party zweifellos ausgefallen, wenn der Mannschaft von Bundestrainer Andrea Giani sogar der große Coup gelungen wäre. Mehr als zwei Stunden lang hatten die Deutschen den favorisierten Russen grandios Paroli geboten. Sie hatten dem Gegner die ersten beiden Sätze im Turnier abgenommen. Ein Spiel auf Augenhöhe hatten die Russen zuvor bei der EM nicht bestreiten müssen. Im entscheidenden Tie-Break hatte Gianis Team sogar mit 5:2 geführt, doch am Ende setzten sich die Russen noch durch.

Dass die Deutschen mit drei Spielern – Diagonalangreifer Georg Grozer, Außenangreifer Denis Kaliberda und Mittelblocker Marcus Böhme – den größten Anteil an der Mannschaft des Turniers stellten, belegte deutlich die Qualitäten des Teams. Es ist sehr ausgeglichen besetzt und verfügt auf allen Positionen über sehr starke Spieler. Grozer trug die Mannschaft natürlich über weite Teile, auch im Finale zeigte der 32-Jährige mit 27 Punkten eine überragende Partie. Doch auch die anderen erfahrenen Spieler wie Kaliberda, Lukas Kampa oder Christian Fromm waren echte Anführer für die jungen Talente wie Tobias Krick oder Julian Zenger.

Bundestrainer Giani hatte nach dem zuvor enttäuschenden Sommer, als mit wechselnden Besetzungen die Qualifikation für die WM 2018 und der Aufstieg in der World League verpasst wurde, in Polen dann endlich die richtige Mischung gefunden. „Es greifen Mechanismen, die vor fünf Wochen noch nicht gegriffen haben, wir haben viel mehr Qualität gezeigt“, sagte Kapitän Kampa. Giani selbst war begeistert von den Spielern. „Ich liebe meine Jungs, sie haben eine enorme Energie aufs Feld gebracht“, sagte der Italiener. Und Grozer betonte: „Die Mannschaft hat ein riesiges Potenzial für die Zukunft.“

Das große Ziel sind nun die Olympischen Spiele 2020 in Tokio. Auch wenn die WM im nächsten Jahr ohne die Deutschen stattfindet, durch den zweiten Platz bei der EM haben die Deutschen auf dem Weg dorthin bereits wichtige Schritte bewältigt. Für die EM 2019 sind sie nun schon qualifiziert. Außerdem haben sie bis 2020 den Status eines Olympiakaders beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) erreicht, was für die Finanzierung in Zusammenhang mit der Spitzensportreform von enormer Bedeutung ist.

Von dem Erfolg soll auch die Liga profitieren

Der Deutsche Volleyball-Verband und die Liga setzen nun darauf, dass sich der Erfolg der Nationalmannschaft auch im Alltag auswirkt, etwa auf die Fernsehberichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen. Die Liga ist nämlich nur im Internetstream zu sehen. Das EM-Finale verfolgten bei Sport 1 im Durchschnitt 300 000 Zuschauer, in der Spitze 500 000. Dafür, dass sich der Sender erst drei Stunden vor Beginn entschied, das Spiel zu übertragen, sei es ein guter Wert, sagte ein Sport-1-Sprecher. Verbandspräsident Thomas Krohne berichtet von vielversprechenden Rückmeldungen: „Ich habe ganz viele Glückwünsche aus der Medien- und Sponsorenszene bekommen, die alle gesagt haben: Was für ein toller Sport.“

Auch Kaweh Niroomand, Manager des Deutschen Meisters BR Volleys, verfolgte die Spiele der Nationalmannschaft ungläubig und begeistert, wie sich das Team den Russen und zuvor den Serben und Italienern entgegenstellte. Um von diesem Zwischenhoch nachhaltig zu profitieren, müsse sich allerdings noch einiges tun, betont Niroomand. „Wir brauchen kontinuierliche Erfolge, sowohl von der Nationalmannschaft als auch von den Klubs.“ Dies könne man aber nur mit einem breiten Nachwuchssystem erreichen, sagt der 64-Jährige. „Diesen Schub von der EM müssen wir nun dafür mitnehmen.“

Motiviert sind die deutschen Volleyballer allemal. Zuspieler Kampa twitterte noch aus dem Club in Krakau ein Video, in dem er verkündete: „Wir versprechen, dass wir alle zusammenbleiben – und noch mehr machen.“

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