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Ein Bayer am Ruder. Alfons Hörmann steuert künftig den DOSB. Foto: dpa

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Nachfolger von Thomas Bach: Alfons Hörmann zum neuen DOSB-Präsidenten gewählt

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) wählt den sportpolitischen Lehrling Alfons Hörmann zum neuen Präsidenten und emanzipiert sich kaum von Vorgänger Thomas Bach.

Ein Küsschen von Fecht-Olympiasiegerin Britta Heidemann, eine Umarmung von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich – damit hat die Präsidentschaft von Alfons Hörmann beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) begonnen. Von Hörmann, dem bisherigen Präsidenten des Deutschen Ski-Verbands, waren auch gleich neue Töne zu hören: „Vergelt’s Gott.“ So bedankte sich der 53 Jahre alte Unternehmer aus dem Allgäu für seine Wahl. 94,6 Prozent der Stimmen bekam er bei der Mitgliederversammlung des DOSB in Wiesbaden. Doch Hörmanns freundlicher Auftritt konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der DOSB gerade ziemlich verunsichert wirkt.

Der deutsche Sport hat sich noch lange nicht davon erholt, dass die Bürger in Bayern gerade das größte Bewegungsereignis der Welt abgelehnt haben. Bei der Mitgliederversammlung wurden daher noch einige Scherben zusammengekehrt, die das Nein zu Olympischen Winterspielen in München hinterlassen hatte. Es habe unfaire Angriffe gegen das Internationale Olympische Komitee (IOC) gegeben, sagte der DOSB-Übergangspräsident Hans-Peter Krämer, und vielleicht seien die Bürger auch wahlmüde gewesen. Aber selbstkritisch müsse der Sport festhalten, dass er es nicht mal geschafft habe, seine Vereinsmitglieder zur Abstimmung zu bewegen.

Das Votum der Bürger sollte eigentlich Alfons Hörmann zu einem geschmeidigen Amtsantritt verhelfen. Jetzt ist es ein solider, wenig euphorischer Beginn geworden. „Wir müssen Schritt für Schritt in die Offensive kommen“, sagte Hörmann. Der DOSB befindet sich also nicht in der Vorwärtsbewegung – trotz seiner wachsenden gesellschaftlichen Bedeutung, seiner Kompetenz bei aktuellen Themen wie Gesundheit und Integration. Auch der Rekord, nun über 28 Millionen Mitgliedschaften zu verfügen, richtete den Dachverband des deutschen Sports vorerst nicht auf.

Der neue Präsident muss selbst erst noch Schwung holen. „Ist das alles zu schaffen? Sind die Partner aus Politik und Gesellschaft wirklich an unserer Seite?“, fragte Hörmann halb rhetorisch und halb zweifelnd. „Ich bin der Prototyp des Breitensportlers, über die Vereinsmeisterschaft hat es bei mir nie gereicht.“ Die Fußstapfen von Thomas Bach werde er nicht ausfüllen können, sagte er nach seiner Wahl und machte sich damit noch etwas kleiner. Bach, Olympiasieger und neuer IOC-Präsident, wurde in Wiesbaden zum Ehrenpräsident gewählt und bedankte sich zu Tränen gerührt bei seinem treuen Präsidium, in dem auch nach Diskussionen am Ende immer große Einigkeit geherrscht habe. Nie habe jemand etwas auf Kosten der anderen nach draußen getragen.

Der andere Teil der Wahrheit ist, dass dieses Präsidium Bach leichtes Spiel ermöglichte und niemand aus dem Gremium stark genug war, ihm jetzt nachzufolgen. Der neue Präsident fängt nun sehr weit vorne an. „Mein sportpolitisches Profil möchte ich gerne gemeinsam mit ihnen entwickeln und ich werde es schärfen“, rief er der Versammlung zu. Es war das ehrliche Eingeständnis, dass er auf diesem zentralen Gebiet Lehrling ist. Das werden sich einige Funktionäre aus anderen Verbänden und hauptamtliche Beschäftigte des DOSB auszunutzen versuchen.

Zwei sportpolitische Auseinandersetzungen wurden auch auf der Mitgliederversammlung ausgetragen. Die um die staatliche Sportförderung und die um den richtigen Weg bei der Dopingbekämpfung. Als erstes stutzte Innenminister Friedrich das Selbstbewusstsein des DOSB noch weiter. 38 Millionen Euro Mehrbedarf hatte der DOSB kürzlich in der staatlichen Sportförderung errechnet. Doch Friedrich entgegnete: „Es kann nicht sein, dass aus höher, schneller, weiter dann höher, schneller, weiter, teurer wird.“ Er werde mit den Sportverbänden beraten, aber über „Möglichkeiten von Einsparungen und Umschichtungen“. Statt mehr Sportförderung könnte es also am Ende weniger geben.

Immerhin regte sich etwas Widerspruch. Hanns Michael Hölz, Präsident des Snowboard Verband Deutschland, wehrte sich gegen „Bevormundung“ durch die Politik und bekam dafür so viel Applaus, als sei er gerade zum Präsident des DOSB gewählt worden. Und auch Christa Thiel, die Vizepräsidentin Leistungssport, konterte von der Bühne aus und erklärte Friedrich, dass neue Anstrengungen sehr wohl mehr Geld kosteten.

Zum anderen hat sich der DOSB tatsächlich zu einer Forderung nach einem Straftatbestand Doping durchgerungen. Für Sportbetrug sollen künftig Sportler, die sich dopen, vom Staat bestraft werden. Aber weil sich dieser Entschluss nur auf den Schutz des Wettkampfs bezieht und nicht auf den der Gesundheit, schließt er dopende Bodybuilder nicht mit ein.

Und weil er außerdem keine Strafen beim Besitz von kleinen Mengen an Dopingmitteln in Erwägung zieht, bleibt er sogar hinter dem zurück, was Union und SPD gerade in den Koalitionsverhandlungen vereinbart haben. Dennoch: Mit Bach an der Spitze hätte der DOSB nicht mal das entschieden. Für ihn gefährdet die staatliche Dopingbekämpfung die Sportgerichtsbarkeit. Vielleicht ist dieser Beschluss also wenigstens eine erste Emanzipation vom Überpräsidenten Thomas Bach.

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