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Sport: Nachspiel: Das Gute schlechthin

Es gibt Fragen, bei denen die Fußballreporter im Voraus wissen, was ein Trainer antworten wird. Zum Beispiel bei Friedhelm Funkel vom 1.

Es gibt Fragen, bei denen die Fußballreporter im Voraus wissen, was ein Trainer antworten wird. Zum Beispiel bei Friedhelm Funkel vom 1. FC Köln. Wenn man am Samstag von ihm hätte wissen wollen, ob er sich denn freue, dass ausgerechnet Thomas Cichon nach 1033 Minuten das erste Tor für den FC erzielt hat, hätte Funkel mit Sicherheit geantwortet, dass es ihm egal sei, wer die Tore schieße. Wichtig sei, dass überhaupt jemand undsoweiterundsofort. Dann wird Funkel tatsächlich gefragt, ob er sich denn nun freue, dass ausgerechnet ... Funkel: "Mir war egal, wer das Tor geschossen hat."

Zum Thema Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Bundesliga-Tippspiel: Das interaktive Fußball-Toto von meinberlin.de Nach 17 Stunden und 13 Minuten darf man nicht wählerisch sein. Und doch hätte das Schicksal/der Fußballgott/der Zufall keinen Besseren erwählen können als Thomas Cichon. 74 Minuten waren in der Begegnung gegen Hertha BSC gespielt, als Hanno Balitsch den Ball von der rechten Seite in den Berliner Strafraum passte; als Andreas Schmidt eine Art Pirouette vollführte, den Ball gerade noch wegspitzeln konnte; als Christian Timm den Abpraller zu Cichon leitete und als der den Ball mit dem linken Fuß gleich neben den rechten Pfosten zum 1:1-Ausgleich platzierte. Danach rannte Cichon los, über die Tartanbahn, wieder aufs Spielfeld, Richtung FC-Fans und legte beide Hände an die Ohren. Um den Jubel besser zu hören? Die Pfiffe? Den Hohn?

100 Bundesligaspiele hatte Thomas Cichon für Köln bestritten. Noch nie war ihm ein Tor geglückt. Das macht die Angelegenheit noch pikanter. Vielleicht hatte die Vorsehung bestimmt, dass Cichon nicht irgendein Tor schießen sollte, ein 1:4 gegen Bremen oder ein 3:0 gegen Cottbus. Vielleicht sollte er genau dieses Tor schießen. Dieses so sehr verfluchte, so lange vermisste, herbeigeflehte, nicht mehr für möglich gehaltene.

Cichon ist kein begnadeter Fußballer, aber er ist das Gewissen des FC, die gute Seele, das Gute schlechthin. Er ist mit dem Klub abgestiegen, er ist wieder aufgestiegen, und er wird es ein zweites Mal versuchen. Während seine Kollegen ihre Berater schon mit der Suche nach neuen Vereinen beauftragt haben, hat Cichon erklärt, er werde in Köln bleiben. Und nach seinem ersten Bundesligator hat er gesagt: "Es geht nicht um Minuten. Es geht um den Verein, die Spieler, die Fans." Thomas Cichon meint das ernst.

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