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Nur nicht liegen bleiben. Fanol Perdedaj (unten) und Sebastian Neumann sind Junioren-Nationalspieler, warten bei Hertha BSC aber noch auf ihr Debüt in der Bundesliga. Trainer Babbel ist von der Einstellung der Talente im Moment nicht besonders angetan.

© City-Press

Nachwuchsarbeit: Hertha hat ein demografisches Problem

Die Nachwuchsarbeit von Hertha BSC galt vor nicht allzu langer Zeit noch als die beste des Landes, inzwischen schaffen es aber nur noch wenige Talente nach oben.

Berlin - Michael Preetz sah sich zu einer außerplanmäßigen Intervention genötigt. Die Fußballabteilung des Bundesligisten Hertha BSC hatte bei der Mitgliederversammlung gerade ihren Rechenschaftsbericht mit einer Aufzählung aller Nationalspieler von der U 16 bis zur U 21 beendet, da meldete sich Preetz mit einer Ergänzung zu Wort. „Ein Name ist durchgerutscht“, sagte Herthas Manager. „Wir haben noch einen U-21-Nationalspieler: Pierre-Michel Lasogga!“ Im Saal brach großer Jubel los. Lasogga ist nicht nur Liebling des Berliner Publikums, der 19-Jährige ist auch Herthas Vorzeigetalent. Das liegt zum einen an seiner ansprechenden Bilanz mit 19 Toren aus 39 Ligaspielen bei den Profis. Es liegt aber auch daran, dass Lasogga in den eigenen Reihen keine ernstzunehmende Konkurrenz hat.

Von den acht Talenten aus dem eigenen Nachwuchs, die bei Hertha dem Profikader angehören (Patrick Ebert nicht inbegriffen), stand bisher kein einziger bei einem Bundesligaspiel in der Startelf. Torhüter Sascha Burchert kommt auf einen Kurzeinsatz, Alfredo Morales auf zwei. Beide haben auch schon im Pokal gespielt, genauso wie Sebastian Neumann, der gegen den Regionalligisten Rot-Weiss Essen links in der Viererkette verteidigen durfte. Alle anderen – John Anthony Brooks, Fanol Perdedaj, Nico Schulz, Marco Djuricin und Abu Bakarr Kargbo – sind bisher weder in der Bundesliga noch im Pokal zum Einsatz gekommen.

Manager Preetz hat diese dürftige Zwischenbilanz bei der Mitgliederversammlung auch damit begründet, dass Brooks, Schulz, Kargbo und Djuricin im Sommer aus gesundheitlichen Gründen die Vorbereitung verpasst und diesen Rückstand noch nicht aufgeholt haben. „Im neuen Jahr werden alle vier wieder bei den Profis angreifen“, sagte Preetz. Doch an Verletzungen und Erkrankungen alleine liegt es nicht.

Babbel kritisiert die Einstellung der Nachwuchsspieler

Trainer Markus Babbel hat jetzt auch die mangelnde Einstellung der Nachwuchsspieler sehr deutlich kritisiert. Obwohl mit Maik Franz ein Innenverteidiger wegen seines Kreuzbandrisses bis auf Weiteres ausfällt, gehörten die Innenverteidiger Neumann und Brooks am Freitag gegen Schalke nicht einmal zum Kader. „Da kommt einfach zu wenig“, sagte Babbel. „Die müssen wissen, dass er hier um Arbeitsplätze geht. Da müssen sie langsam mal aus dem Quark kommen und mir was anbieten.“

Es scheint noch gar nicht so lange her zu sein, dass die Berliner sich für ihre glänzenden Nachwuchsarbeit feiern ließen. In Wirklichkeit liegt das bereits eine halbe Ewigkeit zurück. Seit der goldenen Generation mit den Brüdern Boateng, Ashkan Dejagah, Sejad Salihovic, Christian Müller und Patrick Ebert hat Herthas Akademie keinen gestandenen Bundesligaspieler mehr hervorgebracht. Mitte des vergangenen Jahrzehnts waren die Berliner in Sachen Nachwuchs noch führend in Deutschland; inzwischen liegen sie ligaweit eher am unteren Ende. Es gibt bereits mehrere weiße Jahrgänge, und auch der aktuelle scheint Schwierigkeiten zu haben, die entscheidende Schwelle zwischen Jugend und Profis zu überwinden.

Statt in der Bundesliga spielen Herthas Talente vornehmlich in der Regionalliga, und das offensichtlich nur mit gebremsten Enthusiasmus. „Sie dürfen die U 23 nicht als Bestrafung ansehen“, sagt Babbel. „Natürlich sind die Gegner nicht ganz so der Burner. Aber wenn man 0:5 in Halberstadt verliert, ist das auch keine Empfehlung. Sie können sich nicht völlig zurückziehen und sich hängen lassen.“

Genauso aber könnte man Babbel vorwerfen, dass er dem nicht entschieden genug entgegen wirkt. Nach der 0:4-Niederlage bei den Bayern hat er den 21 Jahre alten Morales ausdrücklich von der allgemein harten Kritik ausgenommen. „Alfredo hat seine Sache sehr ordentlich gemacht“, sagte Babbel. „Er hat gezeigt, was ich auch von anderen sehen wollte: wenig Respekt vor den Bayern-Stars.“ In der Woche darauf, beim Spiel gegen Mainz, stand Morales nicht einmal im Kader.

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