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Sport: Nächste Ausfahrt Schwaben

Nach dem 2:1 gegen Manchester United muss sich der VfB Stuttgart gegen Köln beweisen

Stuttgart. Auch nach besonderen Siegen kennt Felix Magath nur eines: das nächste Spiel. Schon heute holt die schwäbischen Helden im Duell mit dem Tabellenletzten der Bundesliga, dem 1. FC Köln, der Alltag wieder ein. Nach dieser langen Nacht am Mittwoch, in der die junge Mannschaft in einem grandiosen Spiel der Champions League den großen Favoriten Manchester United mit 2:1 schlug, ordnete der Trainer des VfB Stuttgart für den Tabellenführer ohne Gegentor Training an.

Aber es wurden keine normalen Übungseinheiten, das konnte selbst der nüchterne Magath nicht bewirken. Zu sehr schwirrten die Bilder des glanzvollen Abends in den Köpfen herum, zu verlockend klangen die Schlagzeilen in den Zeitungen. „Der VfB liefert sein Meisterstück ab“, titelte die „Stuttgarter Zeitung“, und „Bild“ jubelte: „ManU - Mann. Das war mega-geil.“ Selbst der Mann, der sonst mit Pokerface vor den Mikrofonen sitzt und kühl analysiert, konnte seine Emotionen diesmal nicht verstecken. „Ich wundere mich selbst, dass die Mannschaft gegen das Beste, was Europa zu bieten hat, mitspielte. Obwohl die Mannschaft dazu eigentlich zu jung ist“, hauchte Magath. „Ich bin total überwältigt.“ Und dann kam etwas, womit niemand rechnen konnte. „Wir können sagen, der VfB hat eine Spitzenmannschaft.“ Torjäger Kevin Kuranyi verstieg sich gar zu der Erkenntnis: „Wir können jede Mannschaft in Europa schlagen.“ Überall in Baden-Württemberg schreit der Stolz des Ligaersten von den Litfasssäulen: „Nächste Ausfahrt Champions League“, heißt es dort auf 1500 Plakaten. Die Zeitungen waren fast überall ausverkauft. „Wir haben die Schwaben überzeugen können, dass hier gute Unterhaltung geboten wird. Dramatik, Athletik, Spannung – alles“, sagte Magath.

Das Selbstvertrauen ist groß. So groß, dass Magath wieder mal das abgedroschene Bild strapaziert von „der Euphoriebremse, auf die er nicht treten“ wolle, bevor sie alle am Wochenende wieder vom Ligaalltag geschluckt werden. Nur Spielmacher Horst Heldt, den Magath aus seinem österreichischen Exil holte, wies mitten im tosenden Jubel der Massen auf die Gefahren des kommenden Samstags hin. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zur Lachnummer werden“, sagte Heldt. Viel von dem stolzen Gebilde könne wieder einstürzen, wenn die Kellerkinder aus Köln mit ihrem Trainer Friedhelm Funkel, der vor der Entlassung steht, nicht überzeugend geschlagen werden.

Und da ist dieser Rekord von 802 Minuten ohne Gegentor, den der Münchner Oliver Kahn hält. Den könnte Stuttgarts Torwart Timo Hildebrand brechen, wenn er gegen Köln 68 Minuten lang seinen Kasten sauber hält. Sie hatten ihren Torwart auch auf Befehl Magaths ins Licht der Öffentlichkeit gerückt, weil der Verein trotz der Erfolge arm an Galionsfiguren ist.

„Die anderen werden uns jetzt noch mehr jagen“, mutmaßte Kuranyi. Die Bundesliga werde nach solchen Siegen nicht einfacher. „Aber wir haben eine große Motivation“, sagte Verteidiger Andreas Hinkel. „Wir wollen auf dem ersten Platz bleiben. Dafür werden wir kämpfen.“ Felix Magath plagen wenig Zweifel, dass das auch gelingt. Er lässt sich immer wieder etwas Neues einfallen, um unter seinen erfolgreichen Kickern ein Reizklima zu schüren. Vor dem Spiel gegen Manchester sprach er eine Woche nicht mit seinen Spielern. Das Training leitete Assistent Seppo Eichkorn, und Magath stand wie eine Statue neben dem Platz.

Er sah aus wie sein Kollege Sir Alex Ferguson, der seit Jahren in Manchester nur noch den Oberaufseher aus der Distanz spielt. Mancher im VfB-Kader sieht schon erste Parallelen. „Aus dem VfB kann etwas Großes werden wie Real Madrid oder ManU“, meinte Kuranyi. Zuvor kommt heute aber der 1. FC Köln zum Spitzenreiter – und damit die Angst, zur Lachnummer zu werden.

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