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Sport: Napoleon im Siebenmeter-Kreis

Bob Hanning hat den Handball in Hamburg revolutioniert

Hamburg. Als Bob Hanning im Dezember 2002 Hamburg enterte, veränderte sich schlagartig alles für die verwöhnten Handballprofis des HSV. Plötzlich mussten sie boxen gehen, um Kraft auf- und Aggressionen abzubauen. Bis heute gehören die Einheiten am Sandsack zum Programm des Trainers. Doch nicht nur die Trainingsinhalte sind andere, seit der 34 Jahre alte Hanning den Job von seinem führungsschwachen Vorgänger Anders Fältnäs übernahm – Hanning hat den ganzen Klub umgekrempelt, der im Sommer 2002 als SG VfL Bad Schwartau in die große Stadt zog, sich umbenannte und spätestens ab der übernächsten Saison ein Rivale der Großvereine aus Flensburg, Kiel, Lemgo und Magdeburg sein möchte. „Handball ist in Hamburg ein schlafender Riese“, hat Hanning gesagt und keinen Zweifel dran gelassen, dass er, und nur er, der richtige Mann ist, um den Hünen zu wecken.

Das scheint zu gelingen. Der Zuschauerschnitt in der Color Line Arena liegt über den eingeplanten 6000 Personen, die Gehaltsschecks kommen wieder pünktlich. Als Hanning den HSV übernahm, war er Tabellenletzter, die Saison hat das Team auf Rang acht abgeschlossen. Sein erster Auftritt als Trainer brachte sofort einen Sieg gegen den SC Magdeburg, den Gewinner der Champions League 2002.

Der Coach hält das Umfeld nicht für erstligatauglich. Kess und mutig hat er sich eine Welt geschaffen, wie sie ihm gefällt: Alle Macht dem Hanning. „Die Sponsorensuche mache ich, das hat den Vorteil, dass es den Verein kein Geld kostet“, sagt er und hat Erfolg. Neben einem Fenster-Hersteller soll bald ein nächster Geldgeber mit den Hamburgern werben, für rund 250 000 Euro, wie zu hören ist. Vor „Velux“ hatten die Hamburger den Namen einer Partnervermittlung übers Telefon auf der Brust – vielleicht doch nicht der rechte Partner für einen seriösen Klub mit großen Ambitionen, fand Hanning und begann die Suche. Noch bevor der in Essen geborene Kaufmann sein Gespür für Akquise entdeckte, war ein anderer Posten im Klub frei geworden: Managerin Alexandra Busemann ging nicht ganz freiwillig im März. Hanning füllt auch diesen Job mit aus; in Sachen Spielersuche kennt er sich als ehemaliger Assistent von Bundestrainer Heiner Brand gut aus.

Trainer, Manager, Öffentlichkeitsarbeiter, Sponsorenfinder – Hanning sei das Trüffelschwein des HSV, fand eine Hamburger Zeitung. Verantwortung hat Hanning nie gescheut, das hat er schon als Schulsprecher bewiesen und auch in Willstätt, wo er seine Zuständigkeiten in 18 Monaten rasch ausbaute.

Die beste Tat in Form einer stillen Entmachtung gelang Hanning, als er den Hauptgesellschafter des Klubs, Winfried Klimek, und den Geschäftsführer Olaf Knüppel dazu bewegte, sich ab sofort in zweiter Reihe zu bewegen. „Unsere Zusammenarbeit ist prima“, sagt Hanning fröhlich, denn er weiß, dass sein öffentliches Auftreten um Klassen besser ist als das der beiden Männer im Hintergrund. Von Knüppel wird vor allem ein Satz vom Winter 2002 in Erinnerung bleiben, als Geld und Punkte gleichermaßen fehlten: „Wenn wir scheitern, dann im großen Stil.“

In Hamburg hat Hanning im zarten Traineralter von 34 Jahren die Möglichkeit, eigenverantwortlich eine Mannschaft aufzubauen, ohne dass Gesellschafter oder andere Vereinsgremien ihm hineinreden – es sei die Chance seines Lebens. Manchmal fürchtet er sich davor, diese Chance zu vertun: „Ich habe Angst, am Morgen die Augen aufzuschlagen, alles war nur ein Traum, und ich bin noch in Willstätt“, sagt Hanning. Sollte es ihm gelingen, den begehrtesten deutschen Handballspieler, Pascal Hens, an die Elbe zu locken, wird der HSV mit dem „Welthandballer“ Bertrand Gille spätestens 2004 um die Meisterschaft mitspielen.

Vor ein paar Wochen hat sich Bob Hanning für das Hallenheft des HSV als Napoleon fotografieren lassen. Man habe ihn dazu gedrängt. Hanning sagt: „Ich weiß doch, dass ihr Journalisten mir das um die Ohren haut, wenn es bei uns mal nicht läuft.“ Es klingt, als freue er sich schon darauf.

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