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Nationalismus: Ohne Würde

Benedikt Voigt über den geduldeten Nationalismus bei der Handball-WM.

In trauriger Regelmäßigkeit gibt es Ärger, wenn Serben und Kroaten im Sport aufeinandertreffen. Zum Beispiel bei der Basketball-Europameisterschaft 2005 in Serbien, als die kroatische Mannschaft in der Belgrad-Arena gnadenlos ausgepfiffen wurde. Trotz kurzem Anfahrtsweg hatte sich kein kroatischer Fan in die Halle des ehemaligen Kriegsgegners gewagt. Vier Jahre später ist es umgekehrt. Immerhin 20 serbische Fans trauten sich zur Handball-WM nach Kroatien – und mussten von zahlreichen Polizisten beschützt werden. Die serbischen Zuschauer sahen und hörten, wie ihr Team bespuckt und ausgepfiffen wurde. Und erlebten, wie ihre Fahne in Zadar nach Protesten kroatischer Nationalisten vom Mast gezogen wurde. Und alle anderen gleich mit.

Das ist zum einen eine Schande für Kroatien. Wer eine Weltmeisterschaft ausrichtet, muss es möglich machen, dass die Fahnen der teilnehmenden Länder aufgezogen werden können. Zum anderen ist es eine Blamage für den Handball-Weltverband, der seinen Teilnehmern eine würdevolle Weltmeisterschaft ermöglichen muss. Dieser Verband wird leider von einem ignoranten Präsidenten geleitet, der gestern so tat, als hätte er von abgehängten Fahnen noch nie etwas gehört. Dabei läuft diese Nachricht seit Freitag über alle Agenturen. Aber angesichts der vielen anderen ungelösten Probleme im Handball-Weltverband ist von Hassan Moustafa wohl nichts anderes zu erwarten.

Mehr Fortschritte als in diesem Verband gibt es sogar zwischen Serben und Kroaten. Die Länder spielen inzwischen im Basketball in der Adria-Liga miteinander. Zwar skandieren Fans beider Seiten auch dort schwerste Beleidigungen. Aber sie spielen weiter. Das gibt Hoffnung.

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