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Jens Lehmann

© dpa

Nationalmannschaft: Lehmann: Weniger Spiele, mehr Leistung

Jens Lehmann braucht dringend Spiele, damit er bei der EM für Deutschland im Tor stehen darf. Einen Wechsel zu Borussia Dortmund hat er trotz vermuteter Stammplatzgarantie platzen lassen. Dafür sitzt er nun in England weiter auf der Bank. Die Konkurrenz scharrt bereits mit den Hufen.

Wie Bundestrainer Joachim Löw immer wieder betont, ist Spielpraxis ein wichtiges, wenn nicht das wichtigste Kriterium für die Wahl der Nummer Eins im deutschen Tor. Die wird Lehmann in der Premier League wohl nicht so schnell bekommen, denn zur Zeit steht beim FC Arsenal Manuel Almunia im Tor. Der präsentiert sich seit Wochen als großer Rückhalt der "Gunners". Ein weiteres Problem für den 38-Jährigen ist die vielköpfige Torhüter-Konkurrenz in der Nationalmannschaft. Besonders kurz vor einem großen Turnier versuchen alle, ins Blickfeld des Bundestrainers zu kommen. Alle in Frage kommenden Torhüter haben bei ihrem jeweiligen Verein einen Stammplatz - außer Lehmann.

Der reagierte im Aktuellen Sportstudio des ZDF wegen seiner Situation verstimmt: "Wenn bei [Almunia] die gleichen Kriterien angewandt worden wären wie bei mir, dann hätte ich schon längst wieder gespielt. Aber ich bin optimistisch und gehe in jedes Training mit dem Druck, bald wieder zu spielen." Prinzip Hoffnung also statt Stammplatz-Garantie, die er in der Bundesliga bis zu EM sicher gehabt hätte. Doch Lehmann richtete sich nach dem Votum der Familie, in London bleiben zu wollen. Das könnte für ihn im Hinblick auf den Sommer zum Problem werden.

Doch der Torhüter scheint zu wissen, worauf er sich in den Monaten vor der EM eingelassen hat. Lehmann ist der Meinung, beim FC Arsenal die "wichtigeren" Spiele machen zu können als in der Bundesliga. Wie etwa die in der Champions League: "Die Frage ist, ob es besser ist, wenn ich mit 25 Spielen zur EM gehe und dann körperlich nicht topfit bin oder ob zehn Spiele reichen. Welche großen Spiele hätte ich denn für Dortmund gehabt? Selbst bei Bayern hätte ich keine Champions League gespielt. Aber bei Arsenal kann ich nach der Erfahrung der letzten Spiele wieder schnell im Tor sein. Dann erübrigt sich die ganze Diskussion."

Konkurrenten halten sich mit Forderungen zurück

Ein riskantes Unterfangen, denn die EM wird Lehmanns letztes großes Turnier. Auch das Eingeständnis, nach 25 Spielen nicht fit für die Endrunde zu sein, wird die Situation für Lehmann sicher nicht einfacher machen. "Kronprinz" Timo Hildebrand, der sich nach anfänglichen Schwierigkeiten beim FC Valencia seinen Platz zwischen den zwei Pfosten erkämpfen konnte, scharrt bereits mit den Hufen. Der ehemalige Stuttgarter hält sich in Sachen Nationalmannschaft mit öffentlichen Forderungen aber ebenso zurück wie die momentane Nummer Drei im deutschen Tor, Robert Enke (Hannover 96).

Damit sind die beiden Hauptbewerber für Lehmanns Platz im deutschen Tor auch gut beraten. Denn Tim Wiese (Werder Bremen) kommt trotz national und international beständig guten Leistungen seit seinen verbalen Ausfällen im September letzten Jahres wohl nicht mehr in Frage. Nach seiner Nicht-Nominierung zum Leistungscheck der Nationalmannschaft hatte er Seitenhiebe in Richtung seiner Kollegen verteilt: "Ich verstehe nicht, was das soll. Stattdessen wird ein Hildebrand nominiert, der im Klub nur auf der Bank sitzt. Oder ein Enke, der mit Hannover im Mittelfeld spielt", wetterte Wiese damals.

Entscheidend wird am Ende sein, wie Lehmann in den vermutlich wenigen Spielen für Arsenal London auftreten kann. Nur wenn er seine Konkurrenten in diesen Partien überragt und zugleich in der Nationalmannschaft tadellose Leistungen bringt, wird es sich Bundestrainer Löw nicht leisten können, den Arsenal-Keeper aus der Deutschen Elf zu entfernen. Ansonsten sind seine Tage als Nummer Eins gezählt.

Roland Peters

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