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Nationalmannschaft: Miroslav Klose: Angehender Bundesangriffstrainer

Miroslav Klose gibt beim Länderspiel in San Marino seinen Einstand als Praktikant von Joachim Löw. Der WM-Rekordtorschütze soll sich um die Offensivarbeit der Nationalelf kümmern.

Vermutlich hat Miroslav Klose den perfekten Moment erwischt, um seine Karriere in der deutschen Fußball- Nationalmannschaft zu beenden. Klose ist im Juli 2014 als Weltmeister abgetreten, das WM-Finale gegen Argentinien war sein 137. und zugleich letzten Länderspiel. Der Idee, wie Bastian Schweinsteiger und demnächst Lukas Podolski noch einen allerletzten Auftritt nach dem letzten zu absolvieren, hat er sich standhaft widersetzt. Bisher. In dieser Woche ist Klose zur Nationalmannschaft zurückgekehrt. „Der Miro ist immer noch spielberechtigt“, hat Bundestrainer Joachim Löw am Tag vor dem WM- Qualifikationsspiel in San Marino (20.45 Uhr, live bei RTL) verkündet. Und Mittelfeldspieler Sami Khedira, der die Mannschaft in Abwesenheit des unpässlichen Manuel Neuer vermutlich als Kapitän aufs Feld führen wird, glaubt, dass Klose „noch mal ein belebendes Element sein“ könne.

Im Mai hat der Stürmer zuletzt für Lazio gespielt, im Juni ist er 38 geworden, im Juli mit seiner Familie von Rom nach München gezogen. Vermutlich könnte er gegen San Marino, die Nummer 201 der Welt, trotzdem noch ein belebendes Element für die deutsche Offensive sein. Rudi Völler hat mal erzählt, dass zu seiner aktiven Zeit die Nationalmannschaft San Marinos in Italien als Betriebssportgemeinschaft der Kellner aus Rimini verspottet worden sei. Vor zehn Jahren gewannen die Deutschen in Serravalle 13:0. Es ist der höchste Auswärtssieg ihrer Länderspielgeschichte, bei dem sogar ein gewisser Manuel Friedrich ein Tor erzielte. Und auch wenn die San-Marinesen seitdem nicht schlechter geworden sein dürften, kommt Verteidiger Benedikt Höwedes das Duell „ein bisschen wie Bezirksliga“ vor.

Miroslav Klose wird trotzdem nicht auf dem Platz stehen – aber zumindest wieder sehr nah dran sein. Der frühere Weltklassestürmer arbeitet gerade an der Karriere nach der Karriere. Und wie sich das in der heutigen Zeit gehört, fängt er mit einem Praktikum an. Doch während ein angehender Jurastudent erst mal beim Anwalt um die Ecke hospitieren muss, darf Klose – im übertragenen Sinne – gleich beim Bundesverfassungsgericht anfangen. „Die Chance, bei einem Weltmeistertrainer einzusteigen, bekommt nicht jeder“, sagt Klose, der in Serravalle zum ersten Mal in neuer Funktion auf der Bank sitzen wird. „Ich versuche, so viel wie möglich aufzusaugen und mitzunehmen.“

Schon nach der WM 2014 haben sich Bundestrainer Löw und DFB-Sportdirektor Hans-Dieter Flick Gedanken gemacht, wie man ehemalige Spieler besser einbinden könne. Offensichtlich gibt es in dieser Hinsicht ein Umdenken beim Verband, eine neue Wertschätzung für die Praxis sozusagen. Der Cheftrainerposten bei der U 21, der wichtigsten Nachwuchsmannschaft des DFB, wurde nicht wie zunächst geplant dem ehemaligen Freiburger Jugendtrainer Marcus Sorg anvertraut, sondern dem ehemaligen Nationalspieler Stefan Kuntz, der auf eine sehenswerte Vita als Profi verweisen kann. Sami Khedira glaubt, dass Klose „speziell für die jüngeren Spieler und die Stürmer ein wahnsinniger Gewinn sein kann und sein wird“.

Natürlich ist der frühere Nationalspieler kein normaler Praktikant. Klose kennt viele Spieler noch, er kennt das Team hinter dem Team, und offensichtlich zählt er zu jenen Profis, die sich immer schon viele Gedanken über das Spiel an sich gemacht haben und stets auf der Suche nach dem perfekten Laufweg waren. „Er hat schon als Spieler immer das Gesamtheitliche gesehen und nicht nur seine eigene Rolle“, sagt Mats Hummels.
Joachim Löw versteht sich als Mentor für Klose, der auch beim Confed-Cup im Juni seinem Stab angehören wird und explizit in alle Planungen einbezogen werden soll. Da Klose zu einer Laufbahn als Trainer tendiert, kann er bei der Nationalmannschaft wichtige Erfahrungen sammeln. Andererseits soll auch die Nationalmannschaft von seinen Erfahrungen profitieren. Der frühere Angreifer hat vom Bundestrainer sogar einen eigenen Fachbereich zugewiesen bekommen. Er soll sich „bei uns ganz speziell um die Offensivarbeit kümmern“, sagt Löw.

Bei der Europameisterschaft in Frankreich wurde dem Bundestrainer erstmals von zwei Assistenten zugearbeitet. Eigentlich sollte Marcus Sorg nur für das Turnier abgestellt werden, inzwischen ist er neben Thomas Schneider fester Co-Trainer. Während sich der frühere Verteidiger Schneider vor allem der Defensive angenommen hat, kümmerte sich der ehemalige Angreifer Sorg um die Offensivspieler. Dieser Trend zur Spezialisierung innerhalb eines Trainerstabs wird laut Löw noch zunehmen, was Miroslav Klose eine erfreuliche Perspektive als künftiger Bundesangriffstrainer eröffnet. An der nötigen Glaubwürdigkeit wird es ihm ganz sicher nicht mangeln.

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