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LeBron James

© AFP

NBA: Hässlich und gut

San Antonio steht vor dem Titelgewinn in der NBA, die einen Nachfolger von Superstar Jordan sucht.

Vier Jahre ist es nun her, da Michael Jordan in Washington seinen letzten Wurf machte als professioneller Basketballspieler. Das Vakuum, das er hinterließ, existiert bis heute, obwohl sich die Liga alle Mühe gibt, den nächsten Jordan aufzubauen. Im vergangenen Jahr bot sich Dwyane Wade an, der agile Flügelmann von Meister Miami Heat, doch nach einer Verletzung verschwand er in dieser Saison in der Versenkung. Stattdessen setzte die NBA alle Hoffnungen auf LeBron James, den frühreifen Jungen aus Cleveland, Ohio, und tatsächlich schaffte er es mit seinen Cavaliers überraschend bis ins Finale. Dort jedoch demontieren die San Antonio Spurs sein Team. Die Texaner siegten am Dienstagabend in Cleveland 75:72 und führen nach drei Begegnungen 3:0. Damit können sie am Donnerstag in Ohio mit einem weiteren Erfolg eine Finalserie erfolgreich beenden, die als eine der langweiligsten in die Geschichte der Liga eingehen wird. Noch nie ist ein NBA-Team nach 0:3-Rückstand noch Meister geworden.

Schon die erste Begegnung hatte dem Sender ABC die schlechtesten Quoten seit Jahrzehnten beschert, da half auch die Kampagne des Turnschuhherstellers Nike nicht, der seinen 90-Millonen-Dollar-Mann James mit dem Slogan anpreist: „We are all witnesses“ - Wir sind alle Zeugen. Als müsse jeden Moment etwas Historisches geschehen. Das aber war bislang nur einmal der Fall, in Spiel fünf des Eastern Conference Finales gegen die Detroit Pistons. Darin erzielte James 48 Punkte, davon 29 der letzten 30 Punkte seiner Mannschaft bei dem nach zwei Verlängerungen sicher gestellten Sieg. Doch im Finale gelingt es ihm nicht, seine Mannschaft zum Sieg zu führen. Mit 25 Punkten wurde der 22-Jährige zwar am Dienstag erfolgreichster Schütze des Abends, konnte die knappe Heimniederlage aber nicht verhindern.

"Hässlich kann gut sein"

Der Erfolg der Spurs war unschön anzusehen. Doch San Antonios Bruce Bowen, der mit einem ungeahndeten Rempler LeBron James dazu brachte, den letzten Wurf vorbeizusetzen, der das Spiel hätte ausgleichen können, sagte schulterzuckend: „Das ist kein Problem. Wir haben viele hässliche Partien gewonnen. Hässlich kann gut sein.“

Die Liga muss derweil darauf hoffen, dass sich der 22 Jahre alte James schnell weiter entwickelt, damit die Leute eines Tages wirklich Zeugen sein wollen, wenn er auf das Spielfeld tritt. Im zweiten und dritten Finalspiel machte er zwar jeweils 25 Punkte, doch die Fans sahen von ihm in der gesamten bisherigen Finalserie auch 17 Ballverluste, eine schwache Wurfquote von 36,7 Prozent und die alte, schlechte Angewohnheit, in entscheidenden Situationen den Ball zu den Kollegen zu passen, statt ihn selbst in den Korb zu rammen. Wie bei dieser Szene 15 Sekunden vor Schluss, als Cleveland mit einem Korb im Rückstand lag: Statt es selbst zu versuchen und wenigstens zwei Foulwürfe herauszuschlagen, passte James den Ball weiter zu Center Anderson Varejao. Der verhedderte sich mit seinen eigenen Füßen und gab im Fallen einen wilden Wurf ab, der sein Ziel weit verfehlte. Er habe darauf gewartet, den Ball zurückzubekommen, gab James später an: „Ich wollte eine bessere Wurfposition bekommen.“ Ein entscheidender Fehler.

So etwas wäre Jordan selbst in jungen Jahren nicht passiert. Der traute in solchen Situationen nur einem einzigen Mann: sich selbst. Die Bewunderung für die Legende, die er hinterließ, wächst mit jedem Jahr, in dem seine Nachfolge ungeklärt bleibt.

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