zum Hauptinhalt

Sport: Nebengeräusche im Baulärm

Bremen beschäftigt sich vor dem Pokalspiel in Dortmund mit Dummheiten und Disziplinlosigkeiten

Im Bremer Weserstadion bietet sich derzeit eine Szenerie, die ein bisschen unheimlich wirkt. Selbst für einen Langgedienten wie Trainer Thomas Schaaf. Links und rechts der Platzhälften stehen Kräne, Arbeiter hangeln sich an Gerüsten und Seilen in luftige Höhen. Die Winterpause wird genutzt, um im Zuge des Stadionumbaus ein neues Dach mit Photovoltaikanlage zu installieren. Eigentlich ist das Betreten der Baustelle tabu, doch der Cheftrainer persönlich hat das Verbot im Sinne seiner Profis außer Kraft gesetzt.

Die Rasenheizung des Trainingsplatzes am Osterdeich ist seit ihrer Installation defekt, die beauftragte Firma pleite und so bietet nur das Ausweichen in die Spielstätte für den Perfektionisten Schaaf die gewünschten Bedingungen. Mit Risiken und Nebenwirkungen, wie der 47-Jährige einräumt: „Wir haben ein paar ungewohnte Nebengeräusche durch den Baulärm. Und man schaut schon mal hoch, ob ein Träger richtig sitzt.“ Nicht, dass es noch einen unangenehmen Zwischenfall gibt. Davon hatte Werder Bremen vor dem heutigen DFB-Pokal-Achtelfinale bei Borussia Dortmund (19 Uhr) wahrlich genug. Neben weiteren Verletzungen wie den Rückschlägen für Aaron Hunt und Daniel Jensen oder den mysteriösen Beschwerden von Naldo zwischen Wade und Achillessehne waren es die Dummheiten und Disziplinlosigkeiten, die dem einstigen Vorzeigeverein eine ungeliebte Aufmerksamkeit zuteil werden ließen. Auch wenn einer der Hauptstörfaktoren, Carlos Alberto, an den brasilianischen Klub Vasco da Gama ausgeliehen wurde – Ruhe ist damit nicht eingekehrt: Ausgerechnet die Wort- und Anführer Torsten Frings und Diego fielen zuletzt aus der Rolle.

Frings handelte sich in der Türkei eine törichte Rote Karte wegen Schiedsrichterbeleidigung ein, Diego ist wegen einer Alkoholfahrt bald den Führerschein los, den er möglicherweise ohnehin unrechtmäßig erhalten hat. Sportchef Klaus Allofs spielte wechselweise den strengen Bestrafer (bei Frings) oder den milden Beschützer (bei Diego). „Vor Jahren sind die Spieler auch zu spät gekommen oder von der Polizei angehalten worden, nur damals hatte das nicht die mediale Aufmerksamkeit wie heute.“ Das mag ja sein, macht die Ausreißer des bald 24 Jahre alten Brasilianers nicht besser. Und so stellte Allofs nach einem Einzelgespräch mit Diego klar: „Wir müssen aufpassen, wie wir uns darstellen. Er steht jetzt unter Beobachtung und in der Pflicht, alles für den Erfolg der Mannschaft zu tun.“ Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit für Führungspersonal sein. In der Hansestadt greifen indes einige Automatismen nicht mehr, und für die Rückrunde wird es nicht leichter, weil Diego zwar heute im DFB-Pokal und am 18. Februar im Uefa-Cup-Hit gegen den AC Mailand mitspielen kann, aber in der Bundesliga noch bis zum 21. Februar gesperrt ist. Und auch Claudio Pizarro wird am Sonntag zum Bundesliga-Start gegen Arminia Bielefeld wegen seiner Ohrfeige in Karlsruhe fehlen.

Die heutige Aufgabe im Westen gilt für die Norddeutschen als Schlüsselspiel, zumal gerade Diego an dasselbe Pokal-Duell vor genau einem Jahr ungute Erinnerungen hat: Nach anhaltenden Schambeinproblemen saß er damals in Dortmund zunächst auf der Bank, kam nach 68 Minuten ins Spiel, verwandelte erst und verschoss dann einen Strafstoß – Werder verlor 1:2 und schied aus. Diese Geschichte soll sich nicht wiederholen, denn das Erreichen der Runde der letzten Acht wäre auch aus wirtschaftlicher Sicht wichtig, schließlich ist das mehr als eine Million Euro wert. „Wenn wir im Pokal weit kommen, können wir damit das Ausscheiden aus der Champions League kompensieren“, sagte Finanz- und Vorstandschef Jürgen L. Born.

Der 68-Jährige wird mit Marketing-Geschäftsführer Manfred Müller, 64, im nächsten Jahr aufhören. Gut möglich, dass Allofs dann zum Vorsitzenden der Geschäftsführung aufsteigt und noch mehr Macht besitzt. Interesse hat der 52-Jährige signalisiert. Zuvor sollen aber die Altgedienten noch wichtige Weichen für Werder stellen – vor allem die mehrfach verzögerte Modernisierung des Weserstadions zu Ende bringen. Vielleicht lässt sich bis dahin auch die Rasenheizung auf dem Trainingsgelände reparieren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false