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Sport: „Neid ist eine Form der Anerkennung“

Fenerbahces Trainer Christoph Daum über seine Rückkehr nach Deutschland

Herr Daum, Sie treten heute als Trainer von Fenerbahce Istanbul beim FC Schalke 04 an. Wie fühlen Sie sich vor Ihrem ersten offiziellen Auftritt in Deutschland nach der KokainAffäre?

Sehr gut. Ich glaube, dass ich in Deutschland mit Anstand und Respekt aufgenommen werde. Das sieht man schon daran, dass ich regelmäßig als Trainer einer Bundesliga-Mannschaft im Gespräch bin. Auch als Nationaltrainer haben mich viele ja noch nicht abgeschrieben.

Aber Sie sind weiterhin eine Reizfigur …

Ich muss nicht von 100 Prozent der Menschen geliebt werden. Diese absolute Mehrheit strebe ich nicht an. Bei meinen Besuchen in Deutschland merke ich, dass mir viel Sympathie entgegengebracht wird. Wenn Sie so wollen, strebe ich die Mehrheit von 51 Prozent Zustimmung an.

Stört Sie die öffentliche Debatte um Ihre Person?

Damit muss man leben. Auch Politiker oder Wirtschaftsfunktionäre müssen mit den Diskussionen zurechtkommen, die über ihre Persönlichkeiten geführt werden. Fragen Sie mal Michael Schumacher oder Michel Friedman, wie stark die unter Beobachtung stehen. Ich tröste mich immer mit dem Gedanken: Neid ist auch eine Form der Anerkennung anderer.

Glauben Sie, dass es Menschen gibt, die Sie beneiden?

Ich kann Erfolge vorweisen als Trainer in Österreich, in Deutschland und jetzt in der Türkei. Aber ich finde es erstaunlich, wenn ich manchmal in Deutschland angesprochen werde mit den Worten: Komm doch in die Bundesliga zurück, für die Türkei bist du viel zu schade.

Wird der türkische Fußball in Deutschland unterschätzt?

Ich glaube schon. Dabei haben wir mit Fenerbahce gezeigt, dass wir modernen Fußball spielen können. Wir wollen jedenfalls die Gruppenphase der Champions League erfolgreich abschließen.

Für Ihren Trainerkollegen Ralf Rangnick vom FC Schalke 04 steht heute womöglich der Arbeitsplatz auf dem Spiel.

Darüber weiß ich nichts. Ich denke, einen erfolgreichen Verein zeichnet es aus, dass er auch in schwieriger Lage Kontinuität bewahrt. Dass Ralf Rangnick ein guter Trainer ist, ist allgemein bekannt.

Sein Nachfolger wollen Sie nicht werden?

Das steht überhaupt nicht zur Debatte. Ich habe schließlich einen Vertrag bei Fenerbahce, den ich ernst nehme.

Zunächst müssten Sie sich mit Schalkes Manager Rudi Assauer versöhnen …

Diese alten Sachen werden vor solch einem Duell hochgespielt. Mir ist allein das Champions-League-Spiel wichtig, Kindereien interessieren mich nicht.

Es gibt immer noch zwei Versionen über Schalkes Trainersuche vor zwei Jahren. Rudi Assauer sagt, Sie seien damals kein ernsthafter Kandidat gewesen. Sie dagegen sagen, er hätte Ihnen auf Ihrer Mailbox viele Bittanrufe hinterlassen.

Es gibt nur eine Version. Das können mehrere Personen bezeugen, die mit mir die Mailbox abgehört haben. Andere Versionen entsprechen nicht der Wahrheit.

Was werden Sie tun, wenn Sie Rudi Assauer heute begegnen?

Ich werde ihm die Hand geben.

Das Gespräch führte Robert Ide.

Christoph Daum, 52,

ist Trainer von Fenerbahce Istanbul. Der Verein führt derzeit die Tabelle der türkischen Liga an und spielt heute in der Champions League beim FC Schalke 04.

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