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© dpa

Neu in Wolfsburg: Dieter Hoeneß: Mächtiger Blitzableiter

Der frühere Hertha-Manager Dieter Hoeneß soll dem VfL Wolfsburg ein Gesicht geben – aber kommt er mit Trainer Armin Veh zurecht?

Von Christian Otto

Die erstaunliche Ämterhäufung, mit der Dieter Hoeneß beim VfL Wolfsburg bedacht wird, dürfte selbst einen Fußballroutinier wie ihn überraschen. Mit der Verpflichtung des 56-Jährigen korrigiert der Deutsche Meister ein großes Manko in seiner Führungsstruktur. Der Verein, der sich so gerne auf Dauer im vorderen Bereich der Bundesliga etablieren möchte, braucht dringend ein bekanntes Gesicht, das Trainer Armin Veh bei seinem Versuch unterstützt, seinen Vorgänger Felix Magath endlich vergessen zu machen. Noch wichtiger aber ist: Hoeneß wird als Aufpasser, Aufräumer, Manager, Mutmacher, Repräsentant und medialer Blitzableiter eingestellt. Aus dem langjährigen Manager der Klubs Hertha BSC und VfB Stuttgart soll das neue Gesicht des VfL Wolfsburg und der verlängerte Arm des Volkswagenkonzerns zugleich werden.

Nach seinem Abgang aus Berlin im Sommer wird Hoeneß’ fußballfreie Zeit bereits am 15. Januar wieder enden. „Dieter Hoeneß findet in Wolfsburg ein tolles Team vor. Der Verein und er, beide werden etwas von dieser neuen Lösung haben“, sagt Jürgen Marbach. Für den bisherigen VfL-Geschäftsführer, der für den Bereich „Marketing, Organisation und Stadion“ zuständig war, ist im Modell Hoeneß kein Platz mehr. Marbach wird den neuen Chef Anfang des kommenden Jahres noch kurz einarbeiten und dann selbst abdanken. Was danach passiert, wenn die Alphamännchen Hoeneß und Veh direkt aufeinandertreffen, dürfte Spannungen bringen und dürfte gewollt sein. Denn keiner in Wolfsburg kann leugnen, dass Hoeneß als neuer Vorsitzender der Geschäftsführung allen Untergebenen Beine machen soll – vor allem Veh, der bisher als Trainer, Sportdirektor und Geschäftsführer nicht die hohen Erwartungen erfüllen konnte.

Der große Name des kleinen Hoeneß- Bruders, das ist das Schöne für die Entscheider in Wolfsburg, lenkt von einem nicht zu unterschätzenden Problem ab. Der achtköpfige Aufsichtsrat der VfL Wolfsburg Fußball GmbH, mehrheitlich mit Managern des maßgeblichen Volkswagenkonzerns besetzt, möchte gerne ein sportliches Unternehmen kontrollieren, ohne die nötige Sachkompetenz dafür mitzubringen. Aber dafür können diese Herren richtig gut Schach mit Menschen spielen.

Die überfällige Restrukturierung der Geschäftsführung, die mit dem Einkauf von Hoeneß für drei Jahre beschlossen wurde, geht mit einem kühl kalkulierten Machtverlust von Veh und auch VW einher. Als neuer Boss einer neureichen Fußballfirma hat Hoeneß erst einmal freie Fahrt und darf nach dem schnellen Ausscheiden in der Champions League gerne auch den Boulevard bedienen. Möglichst große Schlagzeilen können sie im ehemaligen Zonenrandgebiet von Niedersachsen schließlich gut gebrauchen. Aber wenn VW-Vorstandsmitglied Francisco Javier Garcia Sanz als Chef des VfL-Kontrollgremiums sagt, dass Hoeneß „die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft des VfL Wolfsburg stellen soll“, dann wird dieser nicht nur als Chef für das Operative, sondern auch als möglicher Sündenbock im Tagesgeschäft installiert. Und um auf Nummer sicher zu gehen: Im Hintergrund wird Wolfgang Hotze, der in der Geschäftsführung des zahlungskräftigen Meisters für die Finanzen zuständig bleibt, Hoeneß dezent, aber bestimmt dabei helfen, die Höhe der zur Verfügung gestellten Budgets richtig zu deuten.

Wenn es stimmt, dass Hoeneß rund sechs Monate nach seinem Rücktritt bei Hertha BSC richtig gut erholt seinen neuen Job antritt, dann kann er seine beiden mächtigen Arme gleich ganz tief in die Arbeit stecken. Sieben Verträge mit aktuellen VfL-Profis laufen aus, Nationalspieler Christian Gentner droht dem Verein verloren zu gehen. Für die schwächelnde Innenverteidigung soll der Brasilianer Miranda vom FC Sao Paulo verpflichtet werden. Und mit Jens Todt, den Hoeneß noch aus gemeinsamen Berliner Zeiten als Scout von Hertha BSC gut kennt, wollen die Wolfsburger einen langjährigen Profispieler als neuen Leiter ihres Nachwuchszentrums verpflichten. Am wichtigsten dürfte es aber sein, ein öffentliches Kompetenzgerangel mit dem selbstbewussten Veh zu vermeiden. Den in die Kritik geratenen Trainer vom Druck zu befreien, ohne ihn gänzlich in den Schatten zu stellen und damit vollends zu degradieren, erfordert jede Menge Fingerspitzengefühl.

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