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Ungewohntes Outfit. Kevin Pezzoni wird zwölf Tage in Berlin vorspielen. Foto: dpa

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Sport: Neuanfang als Notlösung

Kevin Pezzoni startet sein Probetraining bei Hertha.

Berlin - Es dauerte einige Zeit, bis Kevin Pezzoni sich den vier Kamerateams und einem Dutzend weiterer Journalisten stellen konnte. Umringt von kleinen und großen Hertha-Anhängern, gab der Neuankömmling lächelnd Autogramme und ließ sich mit den Fans fotografieren. Wer weiß, welchen Seltenheitswert diese Aufnahmen haben werden: Nicht ausgeschlossen, dass Pezzoni in knapp zwei Wochen nicht mehr im Hertha-Dress zu sehen sein wird. Denn der ehemalige Kölner ist zum Vorspielen in Berlin, auf Probe während der Länderspielpause.

Es ist durchaus ungewöhnlich, dass ein Fußballverein nach Ablauf der Transferfrist und sieben Spielen ohne Niederlage in Folge Bedarf sieht, sich mit einem vertragslosen Profi zu verstärken. Geschuldet ist das weniger der Unzufriedenheit der Vereinsführung mit dem ihr zur Verfügung stehenden Kader. Die Verletztenmisere in der Defensive war ausschlaggebend, als sich Manager Michael Preetz in Absprache mit dem Trainerteam vor einigen Tagen an Kevin Pezzoni wandte. Denn mit Christoph Janker und Maik Franz fallen zwei Verteidiger für längere Zeit aus, auf Felix Bastians müssen die Berliner noch mindestens zwei Wochen verzichten. Vor dem Spiel gegen 1860 München musste kurzfristig auch Roman Hubnik aus dem Kader gestrichen werden. Das Dienstagstraining verpasste zudem Kapitän Peter Niemeyer wegen Knieproblemen. Ein weiterer defensiver Akteur.

Nach den ersten 83 Minuten des Trainings mit seinen womöglich künftigen Teamkameraden betonte Pezzoni, dass er gut aufgenommen worden sei. „Ich freue mich, die Chance zu bekommen, mich zeigen zu dürfen. Hertha ist ein großer Verein.“ Trainer Jos Luhukay lobte den gebürtigen Frankfurter: „Er hat eine gute Spielübersicht, defensiv wie offensiv einen guten linken Fuß und ist stark im Kopfballspiel.“ Dabei wird Luhukay diese Beobachtungen vorab gemacht haben, das Training ließ keine Schlüsse zu. Dass Pezzoni fit ist, war bereits vorab klar. Zwei Saisonspiele absolvierte er bereits für Köln, nach der Vertragsauflösung trainierte Pezzoni in Frankfurt und England. Hetzen lassen möchte sich Herthas Trainer bei der Entscheidung nicht: „Wir legen uns nicht auf einen Tag fest. Wir schauen in aller Ruhe und haben keinen Druck“, sagte Luhukay.

Die Vorgänge in Köln seien für Pezzoni inzwischen abgehakt. „Das ist passé. Wenn ich damit noch Probleme hätte, wäre ich nicht hier“, sagte er. Im Februar 2012 wurde Pezzoni zunächst durch vermummte Unbekannte ins Gesicht geschlagen und seine Nase gerochen, Ende August dann wurde sein Vertrag mit dem 1. FC Köln aufgelöst. Zuvor hatten ihm erneut Unbekannte vor seinem Haus aufgelauert und ihn bedroht. Nachdem Pezzoni wenig später ein Interview gab, in dem er Köln vorwarf, ihn nicht ausreichend unterstützt zu haben, prüft der Verein rechtliche Schritte.

In Berlin hofft er auf einen Neuanfang. Der 1,93 Meter große Pezzoni kann in der Innenverteidigung spielen, ist aber auch als defensiver Mittelfeldspieler denkbar. Zudem ist er ein Linksfuß und wäre damit im Abwehrbereich neben Bastians und dem langzeitgesperrten Lewan Kobiaschwili der einzige bei den Berlinern. Sein erstes Trainingsspiel sollte indes nicht sinnbildlich für die weiteren Tage stehen: Trotz erster zaghafter Dirigierversuche in der Abwehr setzte es für Pezzoni eine 1:7-Niederlage. Nicolas Diekmann

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