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Dritte Wahl? Egal! Markus Gisdol ist der neue Coach der Kölner – weil Bruno Labbaddia und Pal Dardai den Job zuvor abgelehnt haben.

© Rolf Vennenbernd/dpa

Neuanfang mit Gisdol und Heldt: Der 1. FC Köln wird seinem alten Ruf als Chaosklub gerecht

Der Bundesliga-Aufsteiger 1. FC Köln befindet sich wieder einmal in der Krise – und versucht es nun mit Notlösungen auf zwei entscheidenden Positionen.

Markus Gisdol scheint es nicht zu stören, dass er beim 1. FC Köln nicht erste, sondern nur dritte Wahl war für die Nachfolge des entlassenen Coaches Achim Beierlorzer. Vor ihm hatten es Bruno Labbadia und Pal Dardai abgelehnt, Trainer des abstiegsbedrohten Bundesliga-Aufsteigers zu werden. Gisdol sagte hingegen sofort zu und stürzte sich mit Elan in die neue Aufgabe. Mit Taktiktafel und Laptop erschien der 50-Jährige am Trainingsplatz am Geißbockheim, um den Profis, die aus elf Saisonspielen lediglich sieben Punkte geholt haben, seine Spielweise zu vermitteln. „Es ist wichtig, Ruhe reinzubringen und das Team zu entwickeln, um aus dieser Situation herauszukommen“, meinte Gisdol, der den Fokus vor dem Spiel am Samstag in Leipzig (18.30 Uhr/live bei Sky) auf das Abwehrverhalten legte und neue Versionen der Viererkette ausprobierte.

Dass die Defensive um den inkonstanten Keeper Timo Horn sich bessern muss, ist offensichtlich. Der FC hat bereits 23 Gegentore kassiert – und nur zehn erzielt. Deshalb wird es auch darauf ankommen, ob es Gisdol gelingt, Stürmer Anthony Modeste wieder in Torlaune zu befördern. Die beiden kennen sich gut, Gisdol holte Modeste 2013 aus Bastia zur TSG Hoffenheim, die er damals coachte. Der Franzose schoss zwölf Tore, im Jahr darauf verlor Modeste jedoch seinen Stammplatz, wodurch Spannungen zwischen Trainer und Spieler entstanden.

Die alten Geschichten sollten aber, wie Gisdol betonte, keine Auswirkungen auf die Zusammenarbeit in Köln haben. „Einen Modeste in Bestform zu haben, das wäre doch großartig. Das ist jetzt hier ein Neustart für uns“, sagte Gisdol. Überhaupt wollen sie beim FC künftig vor allem über Fußball reden – und nicht mehr über Krisen, Querelen und Entlassungen wie in den vergangenen Wochen, in denen der FC seinen alten Ruf als Klüngel- und Chaosklub wiederbelebte.

Nach dem 1:2 gegen Hoffenheim am 8. November hatte der Verein zunächst mitgeteilt, dass man sich vorzeitig von Sportdirektor Armin Veh trenne, der ursprünglich erst nach Saisonende aufhören wollte. Einen Tag später flog auch Beierlorzer, der erst im Sommer aus Regensburg gekommen war und inzwischen bereits beim 1. FSV Mainz unterschrieben hat. Man hätte nun meinen können, der neue Vorstand um Präsident Werner Wolf, der seit September im Amt ist, habe vor diesen Entscheidungen neues Personal für die beiden wichtigsten sportlichen Positionen im Verein rekrutiert. Das war jedoch ein Trugschluss. Vielmehr gab es eine halböffentliche Suche, bei der sogar Headhunter mithalfen, und fast tägliche Meldungen über Absagen, die sich der 1. FC Köln einhandelte.

Der neue Sportdirektor Horst Heldt ist umstritten

Mit Gisdol sind nun trotzdem alle einigermaßen glücklich, vom Vorstand bis zum Mitgliederrat. Zwar hatte der Schwabe in den vergangenen zwei Jahren keinen Job mehr. Beim Hamburger SV und in Hoffenheim hatte Gisdol vorher jedoch bewiesen, dass er als Feuerwehrmann taugt, da er beide Klubs vor dem Abstieg rettete. Und das hat Priorität beim FC, der Absturz Nummer sieben in seiner Klubgeschichte unbedingt vermeiden will. Die Entscheidung für Horst Heldt, der am Dienstag zeitgleich mit dem Coach als neuer Sportdirektor vorgestellt wurde, ist dagegen umstritten.

Der 49-Jährige, geboren in Königswinter im Siebengebirge, spielte in den 90er Jahren für den 1. FC Köln, dem er sich, wie er unterstrich, sehr verbunden fühle. „Es war, ein Traum, noch einmal im Leben für meinen Klub arbeiten zu dürfen“, sagte er, denn er weiß wohl, dass FC-Fans derartige Herzens-Bekenntnisse besonders gern hören. Dazu passt auch, dass Heldt sich gleich für eine Rückkehr des Kölner Lieblings Lukas Podolski einsetzte. „Für mich steht es außer Frage, dass wir Lukas in den Verein einbauen wollen. Dafür würde ich mich einsetzen“, sagte Heldt. Ihm eilt jedoch der Ruf voraus, seine früheren Vereine Stuttgart, Schalke und Hannover jeweils nicht unbedingt besser gemacht zu haben.

Es gab deshalb im Klub Skepsis, ob er der Richtige sei, um den FC der Zukunft zu formen. Der Gemeinsame Ausschuss des Vereins aus Präsidium, Mitgliederrat und Geschäftsführung hatte Heldts Verpflichtung erst abgelehnt und ihr drei Tage später dann doch zugestimmt. Wohl auch aufgrund des Mangels an Alternativen. Dazu passt ein Satz, den Präsident Wolf bei der Präsentation des neuen sportlichen Führungs-Duos sprach: „Es ist eigentlich ein Tag, an dem man sich freuen sollte.“ Eigentlich. Denn eigentlich sind sowohl Gisdol als auch Heldt keine Wunsch-, sondern Notlösungen.

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